Die Rückgängigmachung eines Vertrages aufgrund eines Wegfalls der Geschäftsgrundlage im Sinne des § 313 BGB führt nur dann zu einem rückwirkenden Ereignis i. S. d. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO, wenn der Rechtsgrund für den Wegfall der Geschäftsgrundlage im ursprünglichen Rechtsgeschäft angelegt war. So entschied das Niedersächsische Finanzgericht (Az. 9 K 162/21).
Um einen bereits verwirklichten Sachverhalt nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO mit steuerlicher Rückwirkung wieder entfallen zu lassen, müsse ein nicht am Vertragsschluss beteiligter Dritter, der die Vertragsgrundlagen nicht ohne Weiteres kennen könne, auch tatsächlich erkennen, dass die dem Abschluss des Rechtsgeschäfts zugrundeliegenden Umstände bereits im Rechtsgeschäft angelegt waren. Es sei daher nicht ausreichend, dass bloße Umstände, die eine Geschäftsgrundlage i. S. d. § 313 BGB darstellen, ohne weitere erkennbare Anknüpfungspunkte zur Rückgängigmachung des Rechtsgeschäfts geführt haben.
Die von den Vertragsparteien gemeinsam zur Vertragsgrundlage gemachten Umstände dürften daher nicht nur einmal zwischen diesen Parteien angesprochen worden sein. Eine solche Vertragsgrundlage müsse für sich allein erkennbar sein. Sie müsse sich also zumindest aus sonstigen, im zeitlichen Zusammenhang mit dem Abschluss des Rechtsgeschäfts stehenden Quellen ergeben. Hierfür könnten beispielsweise im zeitlichen Zusammenhang mit dem Abschluss des Rechtsgeschäfts erstellte Dokumente herangezogen werden oder auch Aussagen eines nicht am Vertragsschluss beteiligten Dritten.