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24. August 2022 – Tax
Veräußerung von Kapitalgesellschaftsanteilen: Veräußerungsverlust wegen Ansatzes des gemeinen Werts der Anteile bei Absenkung der Wesentlichkeitsschwelle nicht zu berücksichtigen

Der Bundesfinanzhof hat Stellung genommen zum Begehren eines Ehepaars, im Veranlagungszeitraum 2013 vom jeweiligen Veräußerungserlös den gemeinen Wert der Beteiligung statt der historischen Anschaffungskosten abzuziehen, damit der so entstehende Veräußerungsverlust nach den §§ 17, 3c Abs. 2 EStG steuerlich berücksichtigt wird (Az. IX R 19/20).

Eigene Anteile der Kapitalgesellschaft seien bei der Bestimmung der relevanten Beteiligungsquote i. S. des § 17 EStG nicht zu berücksichtigen. Bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns i. S. des § 17 Abs. 2 Satz 1 EStG sei von den tatsächlichen Anschaffungskosten auszugehen; der Ansatz des gemeinen Werts der Beteiligung im Zeitpunkt des Erreichens der Relevanzschwelle komme nicht in Betracht. Dies gelte auch für § 17 EStG in der seit 1999 geltenden Fassung.

 Verfassungsrechtlich gebotener Vertrauensschutz nach Maßgabe des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 07.07.2010 (Az. 2 BvR 748/05 u. a.) setze u. a. voraus, dass die bis zum 31.03.1999 entstandenen Wertsteigerungen im Falle einer Veräußerung nach dem 31.03.1999 auch im Zeitpunkt der Veräußerung nach der bis zum 31.03.1999 geltenden Rechtslage steuerfrei hätten realisiert werden können. Wenn das nicht der Fall sei, beruhe die rückwirkende Verstrickung der Wertsteigerungen nicht auf der Absenkung der Wesentlichkeitsschwelle, sondern ‑ wie hier ‑ auf dem (der Sphäre des Steuerpflichtigen zurechenbaren) Hineinwachsen in die Wesentlichkeit; Vertrauensschutz sei insoweit nicht geboten. Wenn verfassungsrechtlicher Vertrauensschutz geboten sei, würden die bis zum 31.03.1999 entstandenen Wertsteigerungen vom steuerpflichtigen Veräußerungsgewinn abgezogen und insoweit von der Besteuerung ausgenommen. Gegebenenfalls werde der Veräußerungsgewinn bis auf Null gemindert. Verluste, die sich ergäben, wenn der gemeine Wert der Anteile am 31.03.1999 dem Veräußerungserlös gegenübergestellt werde, seien nicht steuerbar.