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6. Mai 2022 – Tax
Gestaltungsmissbrauch durch Hin- und Herzahlen bei überschuldeter Kapitalgesellschaft

Bei einer Kapitalgesellschaft stellt die Einlage durch die Alleingesellschafterin in die Kapitalrücklage zur anschließenden Tilgung von Verbindlichkeiten gegenüber der Alleingesellschafterin – anstelle eines wirtschaftlich vergleichbaren Forderungsverzichts durch die Alleingesellschafterin – einen Gestaltungsmissbrauch i. S. d. § 42 AO dar. So entschied das Finanzgericht Düsseldorf (Az. 7 K 101/18).

Nach § 42 Abs. 1 AO kann durch Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts das Steuergesetz nicht umgangen werden. Wenn der Tatbestand der Regelung in einem Einzelsteuergesetz erfüllt ist, die der Verhinderung von Steuerumgehungen dient, bestimmen sich die Rechtsfolgen nach jener Vorschrift. Anderenfalls entsteht der Steueranspruch beim Vorliegen eines Missbrauchs so, wie er bei einer den wirtschaftlichen Vorgängen angemessenen rechtlichen Gestaltung entsteht. Ein Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten liegt vor, wenn eine unangemessene rechtliche Gestaltung gewählt wird, die beim Steuerpflichtigen oder einem Dritten im Vergleich zu einer angemessenen Gestaltung zu einem gesetzlich nicht vorgesehenen Steuervorteil führt, es sei denn, dass für die gewählte Gestaltung außersteuerliche Gründe nachgewiesen werden, die nach dem Gesamtbild der Verhältnisse beachtlich sind.

Nach diesen Maßstäben sei bei der hier gewählten Vorgehensweise ein Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten darin zu sehen, dass die Alleingesellschafterin der Klägerin eine lediglich buchhalterisch vollzogene Einlage von Geldmitteln in die Kapitalrücklage der Klägerin leistete, um ihr gemäß des zugleich gefassten Entschlusses eine unmittelbar der Einlage folgende und ebenfalls nur buchhalterisch vollzogene Tilgung von zuvor gewährten Darlehen mit den zugeführten Geldmitteln zu ermöglichen. Die Vorgehensweise diente lediglich der Vermeidung der vom Gesetz vorgesehenen Rechtsfolge bei einem Verzicht eines Gesellschafters auf seinen Rückzahlungsanspruch aus einem der Gesellschaft hingegebenen Darlehen und stellt sich als eine unangemessene Gestaltung mit dem alleinigen Ziel der Steuerminderung dar, die nicht durch außersteuerliche Gründe gerechtfertigt war.