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18. Dezember 2020 – Legal
Verhalten bei Einfahrt in Parkplatz von Einkaufsmärkten – Haftungsverteilung bei Unfall

Auf Parkplätzen von Einkaufsmärkten gilt das Rücksichtnahmegebot der Straßenverkehrsordnung aufgrund der ständig wechselnden Verkehrssituationen in besonderem Maße, sodass hier grundsätzlich bei stetiger Bremsbereitschaft mit der sehr langsamen Geschwindigkeit eines normal gehenden Fußgängers (4-7 km/h) zu fahren ist. Darauf wies das Amtsgericht Frankenthal hin (Az. 3c C 101/19).

Die Parteien stritten um Schadensersatzansprüche aus einem Verkehrsunfall. Der Kläger fuhr mit seinem Motorroller aus einer Straße kommend auf die Mittelspur der zu den Einkaufsmärkten gehörenden Parkplätze. Zu diesem Zeitpunkt war das Fahrzeug des Beklagten gerade im Begriff, den Parkplatz aus Richtung des links von der Einfahrspur befindlichen Marktes zu verlassen. Als sich die beiden Fahrzeuge näher aufeinander zubewegten, sprang der Kläger von seinem Roller. An diesem entstand hierdurch ein wirtschaftlicher Totalschaden. Zu einem Kontakt zwischen den beiden Fahrzeugen kam es nicht. Der Kläger hatte behauptet, das vom Beklagten gesteuerte Fahrzeug habe sich mit überhöhter, unangepasster Geschwindigkeit von mehr als 30 km/h auf ihn zubewegt und sei erst in letzter Sekunde so abgebremst worden, dass es etwa einen halben Meter vor dem Roller zum Stehen gekommen sei. Um sich vor einer bevorstehenden Kollision zu schützen, sei er daher von seinem Roller abgesprungen.

Das Gericht hat der Klage überwiegend stattgegeben. Der Fahrer des beklagten Fahrzeugs habe gegen das Rücksichtnahmegebot verstoßen. Nach der Straßenverkehrsordnung habe sich ein Verkehrsteilnehmer so zu verhalten, dass kein anderer geschädigt, gefährdet oder mehr als nach den Umständen vermeidbar behindert oder belästigt wird. Gerade auf Parkplätzen ohne eindeutigen Straßencharakter sei dieses allgemeine Rücksichtnahmegebot angesichts der ständig wechselnden Verkehrssituation im besonderen Maße zu beachten und daher bei stetiger Bremsbereitschaft mit Schrittgeschwindigkeit, also der sehr langsamen Geschwindigkeit eines normal gehenden Fußgängers (ca. 4 bis 7 km/h) zu fahren. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme habe festgestanden, dass das Verhalten des Fahrzeugs der Beklagtenseite diesen Anforderungen nicht gerecht wurde. Beim berührungslosen Unfall sei zudem Voraussetzung für eine Zurechnung, dass sich eine vom Kfz ausgehende Gefahr ausgewirkt haben muss, mithin das Fahrzeug durch seine Fahrweise oder sonstige Verkehrsbeeinflussung zur Entstehung des Schadens beigetragen hat. Dies sei hier nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme der Fall. Im Hinblick auf ein dem Kläger zuzurechnendes Mitverschulden, da sich dieser selbst mit einer Annährungsgeschwindigkeit von 15 bis 20 km/h auf den Parkplatz begeben wollte, wurde die Klage teilweise abgewiesen. Eine Haftungsverteilung von 2/3 zu 1/3 zugunsten des Klägers sei angemessen.