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6. November 2020 – Legal
Unfall beim Rückwärtseinfahren vom Parkplatz auf Fahrbahn – Alleinverschulden des Ausparkenden?

Wenn es beim Rückwärtseinfahren vom Parkplatz auf die Fahrbahn zu einem Verkehrsunfall kommt, spricht der Beweis des ersten Anscheins für ein Alleinverschulden des Ausparkenden. Dieser Anscheinsbeweis kann dadurch erschüttert werden, wenn es dem Ausparkenden gelingt nachzuweisen, dass er schon so lange auf der bevorrechtigten Fahrbahn stand, dass der fließende Verkehr sich auf ihn einstellen konnte. So entschied das Oberlandesgericht Saarbrücken (Az. 4 U 6/20).

Im vorliegenden Fall ging es um einen Verkehrsunfall zwischen einem Toyota Aygo und einem Ford Fiesta. Die Fahrerin des Toyota fuhr aus einer auf dem Bürgersteig befindlichen Parklücke aus. Als sich der Pkw auf der Fahrbahn befand, kam es zu einem Zusammenstoß mit dem Ford, der zu dieser Zeit auf der Fahrbahn fuhr. Die Toyota-Fahrerin sah sich nicht als Unfallverursacherin und erhob daher gegen die Ford-Fahrerin und deren Haftpflichtversicherung Klage auf Zahlung von Schadensersatz. Die Klägerin behauptete, schon einige Zeit auf der Fahrbahn gestanden zu haben, als es zur Kollision kam. Das Landgericht Saarbrücken wies die Klage ab. Dagegen richtete sich die Berufung der Klägerin.

Aber auch das OLG war der Auffassung, der Klägerin stehe kein Anspruch auf Schadensersatz zu. Diese hafte allein für die Unfallfolgen. Es spreche der Beweis des ersten Anscheins für einen Verstoß gegen die Straßenverkehrsordnung und somit für ein Alleinverschulden der Klägerin. Dabei komme es nicht darauf an, ob ihr Fahrzeug im Zeitpunkt der Kollision gestanden oder sich in Bewegung befunden hat. Wer rückwärts ausparke, habe jede Gefährdung des fließenden Verkehrs auszuschließen. Der Klägerin sei es auch nicht gelungen, den Anscheinsbeweis zu erschüttern. Sie habe nicht beweisen können, dass sie bereits so lange auf dem bevorrechtigten Fahrbahnteil gestanden habe, dass sich der fließende Verkehr auf sie einstellen konnte.