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1. September 2020 – Legal
Stornierung wegen Corona: Anspruch auf volle Rückzahlung des Reisepreises

Ein Reiseveranstalter ist zur Rückzahlung des kompletten Reisepreises verpflichtet, wenn ein Kunde die gebuchte Reise vor Reiseantritt storniert und zu diesem Zeitpunkt bereits eine gewisse Wahrscheinlichkeit für eine gesundheitsgefährdende Ausbreitung des Corona-Virus im Reisegebiet bestand. So entschied das Amtsgericht Frankfurt (Az. 32 C 2136/20 (18)).

Der Kläger hatte am 07.03.2020 wegen der sich weltweit ausbreitenden COVID-19-Pandemie seine ab dem 14.04.2020 geplante Reise nach Ischia (Italien) storniert, die u. a. einen Flug von Hamburg nach Neapel und zurück beinhalten sollte. Die Reiseveranstalterin akzeptierte die Stornierung, erhob hierfür jedoch anteilige, in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen vorgesehene Kosten. Der Kläger verlangte jedoch die volle Rückerstattung. Der Rücktritt vom Reisevertrag beruhe auf einem unvermeidbaren, außergewöhnlichen Umstand. Hierfür komme es lediglich darauf an, welche Umstände zum Zeitpunkt der Reise tatsächlich vorlagen, unabhängig davon, wann der Rücktritt erklärt worden sei. Die Beklagte wandte ein, dass zum Zeitpunkt der Stornierung Anfang März für das Reisegebiet (Golf von Neapel) noch keine Reisewarnung des Auswärtigen Amtes vorgelegen habe.

Das Gericht gab dem Kläger Recht. In Bezug auf die Corona-Krise komme es darauf an, wann der Reisende zurückgetreten sei und ob die Gegebenheiten am Urlaubsort zu dieser Zeit bereits als außergewöhnliche Umstände zu qualifizieren waren. Grundsätzlich seien an die Darlegung des Reisenden hierzu keine allzu strengen Anforderungen zu stellen. Reisewarnungen für das Reisegebiet seien nicht zwingend erforderlich. Es genüge bereits eine gewisse Wahrscheinlichkeit für eine gesundheitsgefährdende Ausbreitung des Virus. Dies sei zum Zeitpunkt der Reisestornierung Anfang März für ganz Italien der Fall gewesen, sodass die Reiseveranstalterin nicht befugt gewesen sei, Stornierungskosten zu erheben.