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24. Juni 2020 – Tax
Schätzung der ortsüblichen Miete bei Erbschaft eines Mietwohngrundstücks

Der Bundesfinanzhof entschied, dass der für die Bewertung im Ertragswertverfahren maßgebliche Rohertrag eines bebauten Grundstücks das Entgelt ist, welches für die Benutzung nach den vertraglichen Vereinbarungen als Miete zu zahlen ist. Dabei könne eine vertraglich vereinbarte Miete nicht mehr als üblich angesehen werden, wenn sie mehr als 20 Prozent niedriger ist als der unterste Wert der Spanne des verwendeten Mietspiegels oder wenn sie mehr als 20 Prozent höher ist als der oberste Wert der Spanne. Auf den Mittelwert komme es insoweit nicht an (Az. II R 41/16).

Der Kläger war Erbe seiner verstorbenen Mutter. Zum Nachlass gehörte u. a. ein mit einem Gebäude mit 14 Wohnungen und einer Gewerbeeinheit bebautes Grundstück. Das beklagte Finanzamt ging bei der Feststellung des Grundbesitzwertes für Zwecke der Erbschaftsteuer von einem jährlichen Rohertrag des Grundstücks von 130.272 Euro aus. Der Kläger hatte für die Ermittlung des Gebäudeertragswerts (§ 185 BewG) einen jährlichen Rohertrag von nur 110.160 Euro angesetzt. Dabei ging er für vier Einheiten von den vertraglich vereinbarten Nettokaltmieten aus, legte jedoch für elf Wohnungen die in dem Mietspiegel ausgewiesenen Mittelwerte zugrunde. Die tatsächliche Miete überschritt diese Mittelwerte zu mehr als 20 Prozent. Das Finanzamt setzte im Rahmen der Frage, ob die tatsächliche Miete um mehr als 20 Prozent von der „üblichen Miete“ abweicht, als „übliche Miete“ nicht den Mittelwert, sondern den obersten Wert der im Mietspiegel ausgewiesenen Spanne an. Die hiergegen gerichtete Klage hatte vor dem FG Berlin-Brandenburg keinen Erfolg.

Der BFH wies die Revision als unbegründet zurück. Das Finanzamt habe zu Recht entschieden, dass für die Prüfung der 20 Prozent-Grenze i. S. d. § 186 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BewG bei Zugrundelegung eines Mietspiegels auf den untersten oder obersten Wert der darin ausgewiesenen Mietpreisspanne abzustellen ist, nicht auf den Mittelwert. D. h. eine Miete, die mehr als 20 Prozent niedriger ist als der untere Wert der Spanne bzw. die mehr als 20 Prozent höher ist als der obere Wert der Spanne, sei nicht mehr ortsüblich. Somit seien alle Mietwerte innerhalb der Spannbreite eines Mietspiegels als üblich anzusehen. Erst die Überschreitung bzw. Unterschreitung der jeweiligen Grenzwerte führe zur Unüblichkeit.