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16. Juli 2013 – Tax
Kein Spekulationsgewinn bei Bedingungseintritt nach Fristablauf

Für die Berechnung der zehnjährigen sog. Spekulationsfrist kommt es auf die zivilrechtliche Wirksamkeit des Vertrages und nicht auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses an. Erfolgt der Verkauf eines Grundstückes unter einer aufschiebenden Bedingung und tritt diese erst nach Ablauf der Spekulationsfrist ein, so liegt kein steuerpflichtiges Spekulationsgeschäft vor – das hat der 10. Senat des Finanzgerichts Münster in einem heute veröffentlichten Urteil klargestellt (Urteil vom 22. Mai 2013, 10 K 15/12). Damit hat der Senat über eine bei Veräußerungsgeschäften immer wieder auftretende, höchstrichterlich noch nicht geklärte Fragestellung zugunsten der Steuerpflichtigen entschieden.

Im Streitfall hatte der Kläger ein Grundstück, das er mit Kaufvertrag vom 3. März 1998 erworben hatte, mit notariellem Vertrag vom 30. Januar 2008 wieder verkauft. Besitz, Nutzen und Lasten an dem Grundstück sollten am 24. Juli 2008 auf den Käufer übergehen. Allerdings hatten die Parteien vereinbart, dass der Vertrag nur wirksam werden sollte, wenn eine bestimmte behördliche Freistellungsbescheinigung erteilt wird. Die Bescheinigung lag tatsächlich erst am 10. Dezember 2008 vor. Das Finanzamt war der Meinung, der Verkauf sei innerhalb der gesetzlichen Zehnjahresfrist erfolgt und unterwarf den Gewinn des Klägers in Höhe von rund 125.000 Euro der Besteuerung.

Der hiergegen gerichteten Klage gab der 10. Senat jetzt statt. Maßgeblich für die Frage, ob ein steuerpflichtiges Spekulationsgeschäft im Sinne der §§ 22 Nr. 2, 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG vorliege, sei die Wirksamkeit des Vertrages vom 30. Januar 2008. Diese sei nicht vor Ablauf der Zehnjahresfrist eingetreten, denn die Wirksamkeit des Vertrages habe unter der aufschiebenden Bedingung der Erteilung der Freistellungsbescheinigung gestanden. Diese Bedingung sei jedoch erst nach Ablauf der Spekulationsfrist eingetreten, so dass die Veräußerung steuerfrei sei. Dies gelte unabhängig davon, dass der Bedingungseintritt von der Entscheidung einer nicht am Vertrag beteiligten Behörde abhängig gewesen sei. Der Eintritt der Bedingung wirke – so der Senat – auch nicht auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses zurück. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache hat der Senat die Revision zugelassen.