Das Bundesministerium der Finanzen hat ein Schreiben zur Anwendung der Grundsätze des Urteils X R 35/19 des Bundesfinanzhofs vom 29.01.2025 bzgl. der unentgeltlichen Übertragung der Wirtschaftsgüter eines Gewerbebetriebs unter Vorbehaltsnießbrauch veröffentlicht (Az. IV C 6 – S 2240/00044/019/033).
Zur Anwendung der Urteilsgrundsätze bei Übertragungen von aktiven Gewerbebetrieben führt es aus:
1. Übertragungen ab 17. April 2025
Die Urteilsgrundsätze sind für alle Übertragungen ab 17. April 2025 (Tag der Veröffentlichung des Urteils durch den BFH) anzuwenden. In diesen Fällen ist eine Buchwertfortführung bei Übertragung von Wirtschaftsgütern unter Vorbehaltsnießbrauch nach § 6 Absatz 3 EStG auch bei einem aktiven Gewerbebetrieb nicht mehr möglich.
2. Übertragungen vor dem 17. April 2025
Ist die Veranlagung für den Veranlagungszeitraum der Übertragung noch nicht bestandskräftig, sind die Urteilsgrundsätze anwendbar. Auf gemeinsamen, unwiderruflichen Antrag des Nießbrauchsnehmers und des Nießbrauchsgebers können in diesen Fällen unverändert die Buchwerte nach § 6 Absatz 3 EStG aus Vertrauensschutzgründen fortgeführt werden. Die zum Buchwert übertragenen Wirtschaftsgüter bleiben beim Nießbrauchsnehmer weiterhin nach § 15 EStG steuerverstrickt.
Hintergrund
Der Bundesfinanzhof entschied Folgendes:
- Werden die Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens eines Gewerbebetriebs unter Vorbehaltsnießbrauch übertragen und führt der Vorbehaltsnießbraucher jedoch seine bisherige gewerbliche Tätigkeit fort, liegt darin keine unentgeltliche Übertragung des Gewerbebetriebs im Sinne von § 6 Absatz 3 Satz 1 Halbsatz 1 EStG. Das gilt für einen aktiven wie für einen verpachteten Gewerbebetrieb.
- Die unter Vorbehaltsnießbrauch übertragenen Wirtschaftsgüter werden Privatvermögen des Erwerbers.
- Erlischt zu einem späteren Zeitpunkt der Nießbrauch infolge eines unentgeltlichen Vorgangs, geht der in der Person des Vorbehaltsnießbrauchers bestehende Gewerbebetrieb nach § 6 Absatz 3 Satz 1 EStG auf den Erwerber über, wenn dieser die betriebliche Tätigkeit des Vorbehaltsnießbrauchers fortführt.
- Die Übertragung land- und forstwirtschaftlicher Betriebe (einschließlich der Tätigkeiten nach R 15.5 Einkommensteuer-Richtlinien, die dem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb zugeordnet sind) unter Vorbehaltsnießbrauch ist dagegen weiterhin zu Buchwerten nach § 6 Absatz 3 EStG möglich. Entsprechendes gilt für die Übertragung eines gesamten Mitunternehmeranteils unter Vorbehaltsnießbrauch, wenn der neue Gesellschafter Mitunternehmer wird, sowie wenn Vorbehaltsnießbrauch bei der unentgeltlichen Aufnahme einer natürlichen Person in ein Einzelunternehmen oder bei der Übertragung eines Teils eines Mitunternehmeranteils vereinbart ist.