Das Finanzgericht München hatte bzgl. der Rechtmäßigkeit eines Erbschaftsteuerbescheids zu prüfen, ob der Vorerbe den erbschaftsteuerlichen Erwerb seinen Nacherben durch testamentarische Anordnung von Vermächtnissen belasten kann und insbesondere, ob derartige vom Vorerben angeordnete Vermächtnisse als Nachlassverbindlichkeiten beim Erwerb des Nacherben abzugsfähig sind (Az. 4 K 379/21).
Wenn der Erblasser eine Vor- bzw. Nacherbschaft angeordnet habe, sei der Vorerbe zivilrechtlich nicht berechtigt, über das in der Vorerbschaft gebundene Vermögen von Todes wegen rechtswirksam zu verfügen. Er könne als Vorerbe deshalb keine zivilrechtlich wirksame Vermächtnisanordnung über von der Vor- bzw. Nacherbschaft erfasstes Vermögen treffen. Die Grundsätze zur steuerlichen Anerkennung zivilrechtlich unwirksam angeordneter Vermächtnisse könnten bei einer Vor- bzw. Nacherbschaft allenfalls dann Anwendung finden, wenn der Erblasser selbst zu Lebzeiten unwirksame Vermächtnisse angeordnet hätte.
Die zivilrechtliche Anerkennung einer Vermächtnisanordnung des Vorerben zu Lasten des Nacherben würde das Anwartschaftsrecht des Nacherben in wirtschaftlicher Hinsicht völlig entwerten und widerspräche daher der im BGB geregelten Systematik der Vor- und Nacherbschaft. Eine vom Vorerben getroffene, den Nacherben belastende und zivilrechtlich unwirksame Vermächtnisanordnung betreffend Vermögen, das zur Nacherbschaft gehört, berechtige den Nacherben nicht zum Abzug als Nachlassverbindlichkeit.