Der Bundesfinanzhof hatte zu entscheiden, ob im Rahmen der Prüfung des Tatbestandsmerkmals der leichtfertigen Steuerverkürzung nach §§ 169 Abs. 2 Satz 2, 378 AO einen Kaufmann höhere Sorgfaltspflichten treffen als andere Steuerpflichtige, wenn die steuerbegründenden Rechtsgeschäfte nicht zu seiner kaufmännischen Tätigkeit gehören (Az. II R 35/20).
Die Prüfung der leichtfertigen Steuerverkürzung folge auch im Rahmen der Festsetzungsverjährung materiell-rechtlich dem Ordnungswidrigkeitenrecht. Es gelte ein subjektiver Leichtfertigkeitsmaßstab. Die grunderwerbsteuerrechtlichen Anzeigepflichten der Beteiligten und Notare seien objektiver Natur.
Wenn der Steuerpflichtige die Finanzbehörde pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis gelassen habe, sei bei der Prüfung, ob Leichtfertigkeit gegeben ist, zu berücksichtigen, dass es dem Steuerpflichtigen obliege, sich bei rechtlichen Zweifeln über seine steuerlichen Pflichten einschließlich der an die Steuerpflicht anknüpfenden Verfahrenspflichten bei qualifizierten Auskunftspersonen (z. B. Steuerberatern) zu erkundigen. Die Erkundigungspflichten beschränken sich nicht auf die Steuerpflicht einer Tätigkeit, sondern umfassen auch die an die Steuerpflicht anknüpfenden Verfahrenspflichten. Wer die Steuerpflicht seines Verhaltens kenne, sei umso mehr gehalten, sich um die damit verbundenen Erklärungs- und Anzeigepflichten zu kümmern. Zu beachten seien auch Ausbildung, Tätigkeit und Stellung des Steuerpflichtigen. So seien an die Erkundigungspflichten bei Kaufleuten jedenfalls bei Rechtsgeschäften, die zu ihrer kaufmännischen Tätigkeit gehören, höhere Anforderungen zu stellen als bei anderen Steuerpflichtigen. Der Umstand, dass der Steuerpflichtige über eine bestimmte formale Ausbildung oder Stellung verfüge, habe Indizwirkung, könne aber für sich genommen nicht die Leichtfertigkeit i. S. d. § 169 Abs. 2 Satz 2 Alternative 2 AO begründen.