Nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG wird auf Antrag eine Steuerfestsetzung u. a. aufgehoben, wenn ein Erwerbsvorgang rückgängig gemacht wird, bevor das Eigentum am Grundstück auf den Erwerber übergegangen ist und wenn die Rückgängigmachung innerhalb von zwei Jahren seit der Entstehung der Steuer stattfindet. Die Grunderwerbsteuerfestsetzung war im Streitfall aufzuheben, weil der Erwerbsvorgang der Klägerin rückgängig gemacht wurde, obwohl das Ausscheiden der Klägerin und der Weiterverkauf des von ihr ursprünglich erworbenen Miteigentumsanteils durch die Grundstücksverkäufer in einer notariellen Urkunde zusammengefasst worden sind. So entschied das Finanzgericht Köln (Az. 5 K 308/22).
“Rückgängig gemacht” sei ein Erwerbsvorgang, wenn über die zivilrechtliche Aufhebung des den Steuertatbestand erfüllenden Rechtsgeschäfts hinaus die Vertragspartner sich derart aus ihren vertraglichen Bindungen entlassen haben, dass die Möglichkeit zur Verfügung über das Grundstück nicht beim Erwerber verbleibe, sondern der Veräußerer seine ursprüngliche Rechtsstellung wiedererlange. Werde im Zusammenhang mit der Aufhebung eines Kaufvertrags über ein Grundstück dieses weiterveräußert, sei für die Anwendung des § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG entscheidend, ob für den früheren Erwerber trotz der Vertragsaufhebung die Möglichkeit der Verwertung einer aus dem “rückgängig gemachten” Erwerbsvorgang herzuleitenden Rechtsposition verblieben und der Verkäufer demzufolge nicht aus seinen Bindungen entlassen war.
Dem früheren Erwerber verbleibe die Möglichkeit der Verwertung einer aus dem “rückgängig gemachten” Erwerbsvorgang herzuleitenden Rechtsposition jedenfalls dann, wenn der Aufhebungs- und der Weiterveräußerungsvertrag in einer einzigen Urkunde zusammengefasst sind. In diesem Fall habe er die rechtliche Möglichkeit, die Aufhebung des ursprünglichen Kaufvertrags zum anschließenden Erwerb des Grundstücks durch eine von ihm ausgewählte dritte Person zu nutzen. Denn der Veräußerer werde aus seiner Übereignungsverpflichtung gegenüber dem früheren Erwerber erst mit der Unterzeichnung des Vertrags durch alle Vertragsbeteiligten und damit erst in dem Augenblick entlassen, in dem er bereits wieder hinsichtlich der Übereignung des Grundstücks an den Zweiterwerber gebunden sei.