Das Bundesverfassungsgericht hat eine Vorlage des Finanzgerichts Köln für unzulässig erklärt (Az. 2 BvL 22/17). Das Vorlageverfahren betrifft die Frage, ob der im Einkommensteuergesetz vorgesehene Ansatz eines Rechnungszinsfußes von 6 % zur Ermittlung der Pensionsrückstellung mit dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar ist.
Durch die Bildung von Pensionsrückstellungen wird den Verpflichtungen eines Unternehmens aus der Erteilung von Pensionszusagen an Arbeitnehmer in der Steuerbilanz Rechnung getragen. Für die Höhe der in einem jeweiligen Veranlagungszeitraum abzugsfähigen Pensionsrückstellung ist der zugrunde gelegte Rechnungszinsfuß, der für den Effekt der Abzinsung maßgeblich ist, von wesentlicher Bedeutung. Je höher dieser ist, desto niedriger ist die steuerrechtlich zulässige Pensionsrückstellung. Nach § 6a Abs. 3 Satz 3 EStG ist zur Ermittlung der Pensionsrückstellung unter anderem ein starrer Rechnungszinsfuß von 6 % anzuwenden. Die steuerrechtliche Vorschrift unterscheidet sich von den Vorgaben für die Handelsbilanz, deren Bewertungsvorschrift in § 253 Abs. 2 HGB keinen starren, sondern einen dynamischen, „atmenden“ Rechnungszinsfuß vorsieht. Dieser betrug im hier gegenständlichen Streitjahr (2015) 3,89 %. Das Finanzgericht Köln hat die zugrundeliegende Finanzstreitsache (Az. 10 K 977/17) ausgesetzt und dem Bundesverfassungsgericht die Frage vorgelegt, ob § 6a Abs. 3 Satz 3 EStG in der im Streitjahr 2015 geltenden Fassung mit der Verfassung vereinbar ist. Es hält die Vorschrift insoweit für verfassungswidrig, als darin ein Rechnungszinsfuß von 6 % angeordnet wird. Dies sei mit dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar.
Das Bundesverfassungsgericht entschied, dass die Vorlage unzulässig ist. Sie genüge nicht den Anforderungen an die Darlegung eines Verstoßes gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Der Vorlagebeschluss sehe Art. 3 Abs. 1 GG unter zwei Gesichtspunkten verletzt. Zum einen führe § 6a Abs. 3 Satz 3 EStG zu einer Ungleichbehandlung von wesentlich Gleichem, da Pensionsrückstellungen ungleich behandelt würden gegenüber anderweitigem Aufwand, soweit dieser entsprechend der tatsächlichen wirtschaftlichen Verursachung voll abzugsfähig sei. Damit komme es zu einer Ungleichbehandlung im Hinblick auf das im gesamten übrigen Bilanzsteuerrecht geltende Realisationsprinzip. Unternehmen, die Pensionsrückstellungen bildeten, seien mit „alle[n] übrigen Unternehmen, die sich an das Realisationsprinzip halten müssen“, vergleichbar. Zum anderen mache das Vorlagegericht eine Gleichbehandlung von wesentlich Ungleichem geltend. Steuerpflichtige würden unabhängig von der individuellen Rendite bzw. den Verschuldungskonditionen gleichbehandelt, da „der Zinsvorteil der späteren Steuerzahlung einheitlich mit 6 % typisiert“ werde. Dies wäre hinnehmbar, wenn marktübliche Zinserträge typisiert würden, jedoch umso bedenklicher, je weiter sich die Typisierung von marktüblichen Zinssätzen entferne.
Hinsichtlich des ersten Vergleichspaares sei ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG nicht hinreichend dargetan. Es erschließe sich jedenfalls nicht ohne Weiteres, warum Unternehmen, die Pensionsrückstellungen bilden, mit all jenen Unternehmen vergleichbar sein sollen, „die sich an das Realisationsprinzip halten müssen“. In steuerlicher Hinsicht werde durch Rückstellungen der (später) gewinnmindernde Aufwand zeitlich vor dem tatsächlichen Zahlungsmittelabfluss geltend gemacht. In der Handelsbilanz vorgenommene Rückstellungen begründen keine zwingenden Vorgaben für die Steuerbilanz. Der Gesetzgeber habe mit dem Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz vom 25. Mai 2009 die Verknüpfung von Handels- und Steuerbilanz gelockert. Mit diesen steuerrechtlichen und verfassungsrechtlichen Maßgaben setzt sich der Vorlagebeschluss nicht im Hinblick auf das oben genannte Vergleichspaar auseinander. Nicht hinreichend begründet sei die Vorlage auch hinsichtlich des zweiten Vergleichspaares, für das das Vorlagegericht eine nicht gerechtfertigte Gleichbehandlung von wesentlich Ungleichem erkennt.