Das Finanzgericht Hamburg entschied, dass die disquotale Einlage in die ungebundene Kapitalrücklage einer Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA) keinen schenkungsteuerpflichtigen Vorgang darstellt (Az. 3 K 188/21).
Im Streitfall gründeten der Kläger und sein Vater eine KGaA. Dabei wurde das Grundkapital vollständig vom Vater des Klägers als alleinigem Kommanditaktionär übernommen. Als persönlich haftender Gesellschafter (phG) leistete der Kläger eine Vermögenseinlage in die KGaA. Laut deren Satzung sind die Gesellschafter im Verhältnis ihrer Kapitalkonten zum Gesamtkapital, das sich aus dem Grundkapital und der Vermögenseinlage zusammensetzt, am Gewinn und an den Rücklagen der KGaA beteiligt. Das Verhältnis betrug vorliegend 90 % zu 10 % zugunsten des Klägers. Kurze Zeit später – nach der Eintragung der KGaA – erbrachte der Vater eine Einlage in mehrstelliger Millionenhöhe in eine ungebundene Kapitalrücklage der KGaA, die nach der Satzung nicht zu den Kapitalkonten zählt (disquotale Einlage). Darin sah das beklagte Finanzamt einen schenkungsteuerpflichtigen Vorgang gemäß § 7 Abs. 8 Satz 1 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes, erließ einen entsprechenden Schenkungsteuerbescheid gegenüber dem Kläger und wies seinen Einspruch als unbegründet zurück.
Die dagegen erhobene Klage vor dem Finanzgericht Hamburg war erfolgreich. Der vom Finanzamt herangezogene Schenkungsteuertatbestand sei nicht erfüllt. Die Voraussetzungen des § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG (siehe Hinweis) hält das Finanzgericht Hamburg nicht für gegeben. Nach Ansicht des Gerichts handelt es sich bei der KGaA zwar um eine Kapitalgesellschaft, auch hat sich der Wert der Beteiligung des Klägers durch die disquotale Einlage des Vaters erhöht. Jedoch sei die Beteiligung des Klägers (weil er nicht an dem Grundkapital der KGaA beteiligt sei) kein „Anteil an einer Kapitalgesellschaft“ im Sinne des Gesetzes. Das Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz habe in § 13a und § 13b bereits vor Einführung von § 7 Abs. 8 ErbStG zwischen dem Anteil eines phG an einer KGaA einerseits und dem Anteil an einer Kapitalgesellschaft andererseits unterschieden.
Im Übrigen hält das Finanzgericht weder einen anderen Schenkungsteuertatbestand für erfüllt (nicht § 7 Abs. 6 ErbStG (übermäßige Gewinnbeteiligung bei einer Personengesellschaft) und nicht den Grundtatbestand in § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG) noch sieht es einen Gestaltungsmissbrauch im Sinne des § 42 der Abgabenordnung.
Der Gesetzgeber wollte mit der Vorschrift des § 7 Abs. 8 ErbStG die Besteuerungslücken in Fällen disquotaler Einlagen schließen. Im Gesetz ist jedoch eine – vom Kläger genutzte – Lücke verblieben. Diese zu schließen, liege außerhalb der Kompetenz der Finanzverwaltung und ‑gerichte, sondern sei dem Gesetzgeber vorbehalten, so die Richter.
Gegen das Urteil ist Revision eingelegt worden, die beim Bundesfinanzhof unter dem Aktenzeichen II R 23/23 anhängig ist.
Hinweis
Nach § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG gilt als Schenkung unter Lebenden auch die Werterhöhung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, die eine an der Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar beteiligte natürliche Person oder Stiftung (Bedachte) durch die Leistung einer anderen Person (Zuwendender) an die Gesellschaft erlangt.