Aktuelles

3. August 2023 – Tax
Zum Zeitpunkt der Bekanntgabe eines Steuerbescheides – Dreitagesfiktion bei Zentralversand von Steuerbescheiden

Das Finanzgericht Hamburg nahm dazu Stellung, ob die Voraussetzungen für die Anwendung der Dreitagesfiktion gegeben waren, da der Zeitpunkt der Bekanntgabe eines Steuerbescheides strittig war (Az. 5 K 92/22).

Bei Anwendung der Dreitagesfiktion gem. § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO habe das Finanzgericht das Datum der tatsächlichen Aufgabe zur Post von Amts wegen zu ermitteln. Die dreitägige Zugangsfiktion des § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO gelte hier trotz Einschaltung eines privaten Postdienstleistungsunternehmens bei dem Versand von Steuerbescheiden durch ein Hamburger Finanzamt im sog. Zentralversand. Das Gericht sah die Voraussetzungen für die Anwendung der Dreitagesfiktion im Streitfall als gegeben an.

 Nach der Beweisaufnahme sowie einer Gesamtwürdigung aller vorliegenden Umstände stand die Aufgabe des Steuerbescheids durch den Zentralversand zur Überzeugung des Gerichts fest. Das Datum des Bescheids habe insoweit mit dem Datum der Postaufgabe übereingestimmt. So habe der in dem für den Zentralversand zuständigen Druckzentrum tätige Zeuge erläutert, dass erhebliche organisatorische und technische Maßnahmen getroffen würden, durch welche sichergestellt werde, dass Bescheiddatum und Postaufgabedatum regelmäßig übereinstimmten. So habe der Zeuge den vom Kläger als Anlage übersandten Bescheid anhand des auf diesem aufgebrachten Barcodes nebst dazugehöriger Identifikationsnummer eindeutig einem Druckauftrag in der „PGA-Liste“ (Postgebührenabrechnung) zuordnen können. Die „PGA-Liste“ bestätige, dass der Druck der darin aufgeführten Druckaufträge auch tatsächlich erfolgt sei und die Kuvertiermaschine den Bescheid mittels des Barcodes gescannt und kuvertiert habe. Zudem habe der Zeuge anhand der „PGA-Liste“ erkennen können, dass alle Bescheide des Druckauftrags in den Raum verbracht worden seien, aus dem die zu versendenden Steuerbescheide abgeholt würden, was täglich geschehe. Es sei auch ausgeschlossen, dass der Bescheid versehentlich nicht gedruckt oder nicht an die Post übergeben worden sein könnte, da grundsätzlich ein Vier- Augen-Prinzip im Bereich des Drucks und Versands von Steuerbescheiden angewandt werde. Zudem würden alle Bescheide in einem Endlosverfahren gedruckt, d. h. es würden gerade nicht einzelne Seiten gedruckt, von denen gegebenenfalls einzelne ausfallen könnten. Als zusätzliche Sicherheit werde jeder einzelne Bescheid durch die Kuvertiermaschine anhand seines Barcodes gescannt und durch einen Abgleich mit der Druckauftrags-Datei sichergestellt, dass nicht einzelne Bescheide fehlten, wobei die Maschine alle Bescheide eines Druckauftrags zugleich in die Postboxen ablege, welche später von der Post abgeholt würden.

Nach der Beweisaufnahme sowie einer Gesamtwürdigung aller vorliegenden Umstände bestanden für das Gericht auch keine Zweifel daran, dass der Bescheid dem Kläger innerhalb des gesetzlich vermuteten dreitägigen Zugangszeitraums tatsächlich zugegangen sei. Die Fiktion des § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO sei nicht widerlegt worden.