Das Finanzgericht Münster nahm Stellung, unter welchen Voraussetzungen ein Familienheim, das nach dem Tod des Erblassers umfassend renoviert wird, unverzüglich zu eigenen Wohnzwecken bestimmt wird (Az. 3 K 3184/17).
Die Beteiligten streiten über die Gewährung der Steuerbegünstigung gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG für die vom Erblasser bis zu seinem Tod selbst bewohnte Doppelhaushälfte. Der Kläger ist Alleinerbe seines 2013 verstorbenen Vaters. Zum Nachlass gehörte die Doppelhaushälfte G1, die vom Vater bis zu seinem Tod allein bewohnt wurde. Der Kläger bewohnt mit seiner Familie seit dem Jahr 1981 die direkt angrenzende Doppelhaushälfte G2. Nach dem Tod des Erblassers verband der Kläger die Doppelhaushälften G1 und G2 baulich und katastermäßig zu einer Einheit. Nach Abschluss der umfangreichen, teilweise in Eigenleistung erbrachten Sanierungs- und Renovierungsarbeiten nutzt er die so verbundenen Doppelhaushälften seit August 2016 als eine Wohnung.
Die Steuerbefreiung nach § 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG könne auch den Erwerb einer auf einem bebauten Grundstück gelegenen Wohnung umfassen, wenn diese räumlich an die vom Erwerber bereits selbst genutzte Wohnung angrenze und nach dem Erwerb beide Wohnungen zu einer einheitlichen selbst genutzten Wohnung verbunden werden. Hinsichtlich der Wohnflächenbegrenzung komme es nach dem Wortlaut der Norm, der allein auf die Größe des erworbenen Familienheims abstellt, allein darauf an, dass die Größe der hinzuerworbenen Wohnung 200 qm nicht übersteige. Die Gesamtwohnfläche der infolge der Verbindung entstandenen Wohnung sei nicht ausschlaggebend.
Eine Wohnung sei zur Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken bestimmt, wenn der Erwerber die Absicht habe, die Wohnung selbst zu eigenen Wohnzwecken zu nutzen, und diese Absicht auch tatsächlich umsetze. Der Erwerber müsse die Wohnung “unverzüglich”, d. h. ohne schuldhaftes Zögern zur Selbstnutzung für eigene Wohnzwecke bestimmen. Es obliege dem Erwerber, die Renovierungsarbeiten und die Beseitigung etwaiger Mängel zeitlich so zu fördern, dass es nicht zu Verzögerungen komme, die nach der Verkehrsanschauung als unangemessen anzusehen seien. Ein unverhältnismäßiger Aufwand zur zeitlichen Beschleunigung sei jedoch nicht erforderlich. Vielmehr reiche es aus, wenn der Erwerber alle ihm zumutbaren Maßnahmen ergreife. Eine zeitliche Verzögerung des Einzugs aufgrund von Renovierungsarbeiten sei dem Erwerber nicht anzulasten, wenn er die Arbeiten unverzüglich in Auftrag gebe, die beauftragten Handwerker sie aber aus Gründen, die der Erwerber nicht zu vertreten habe, z. B. wegen einer hohen Auftragslage, nicht rechtzeitig ausführen könnten. Ein weiteres Indiz für die unverzügliche Bestimmung zur Selbstnutzung sei die zeitnahe Räumung bzw. Entrümpelung der erworbenen Wohnung. Das Gericht war der Überzeugung, dass der Kläger im Streitfall die hinzuerworbene Doppelhaushälfte unverzüglich zur Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken bestimmt habe.