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17. Juli 2023 – Tax
Ermittlung der AfA auf Basis von Wertgutachten mit Berechnung der Restnutzungsdauer eines Mietobjekts nach Immobilienwertverordnung

Das Finanzgericht Münster nahm dazu Stellung, ob ein vom Steuerpflichtigen eingeholtes Wertgutachten, in dem die Restnutzungsdauer eines Mietobjekts nach der Immobilienwertverordnung berechnet wird, der Ermittlung der AfA zugrunde gelegt werden kann (Az. 1 K 487/19).

Es sei Sache des Steuerpflichtigen, im Einzelfall eine kürzere tatsächliche Nutzungsdauer darzulegen und gegebenenfalls nachzuweisen. Die Würdigung der insoweit von Klägern dargelegten Umstände obliege dann im Klageverfahren dem Finanzgericht als Tatsacheninstanz.

Vor diesem Hintergrund sei etwa die Vorlage eines Bausubstanzgutachtens, insbesondere die Zustandsermittlung von Immobilien mit Hilfe des sog. ERAB-Verfahrens (Verfahren zur Ermittlung des Abnutzungsvorrats von Baustoffen), seitens des Steuerpflichtigen nicht Voraussetzung für die Anerkennung einer verkürzten tatsächlichen Nutzungsdauer. Wähle der Steuerpflichtige oder ein von diesem beauftragter Sachverständiger daher aus nachvollziehbaren Gründen eine andere Nachweismethode, könne dies Grundlage für die im Einzelfall erforderliche Schätzung einer verkürzten tatsächlichen Nutzungsdauer sein, soweit aus der gewählten Methode Rückschlüsse auf die zu ermittelnden Determinanten möglich seien. Da im Rahmen der Schätzung nur die größtmögliche Wahrscheinlichkeit über eine kürzere tatsächliche Nutzungsdauer verlangt werden könne, würde eine Verengung der Gutachtenmethodik oder eine Festlegung auf ein bestimmtes Ermittlungsverfahren die Anforderungen an die Feststellungslast überspannen.

Dabei könne auch das Verfahren der Gebäudesachwertermittlung im Rahmen des § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG Anwendung finden. Auch wenn das dabei anwendbare Modell zur Ableitung der wirtschaftlichen Restnutzungsdauer für Wohngebäude unter Berücksichtigung von Modernisierungen nicht primär darauf gerichtet sei, die tatsächliche Nutzungsdauer zu ermitteln, könne ein solches Modell geeignet sein, eine sichere Überzeugung über die im Einzelfall anzuwendenden Schätzungsgrundlagen zu bilden. Eine Rechtfertigung, vom (baurechtlichen) Grundsatz der Gleichwertigkeit der Bewertungsverfahren aus steuerrechtlichen Gründen abzuweichen, bestehe nicht.