Urenkel haben auch bei Vorversterben beider vorangegangener Generationen keinen Anspruch auf einen höheren als den in § 16 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG vorgesehenen Freibetrag. So entschied das Niedersächsische Finanzgericht (Az. 3 K 210/21).
Der Klägerin stehe kein Freibetrag gem. § 16 Abs. 1 Nr. 2 oder 3 ErbStG zu. Nach § 16 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG bleibe der Erwerb der Kinder im Sinne der Steuerklasse I Nr. 2 und der Kinder verstorbener Kinder im Sinne der Steuerklasse I Nr. 2 in Höhe von 400.000 Euro und nach § 16 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG der Erwerb der Kinder der Kinder im Sinne der Steuerklasse I Nr. 2 in Höhe von 200.000 Euro steuerfrei. Zur Steuerklasse I Nr. 2 gehören gem. § 15 Abs. 1 ErbStG die Kinder und Stiefkinder der Erblasserin.
Die Klägerin unterfalle als Urenkelin der Erblasserin nicht dem Wortlaut des Tatbestandes von § 16 Abs. 1 Nr. 2 oder 3 ErbStG. Sie sei insbesondere kein Kind der Erblasserin. § 16 Abs. 1 Nr. 2 und 3 ErbStG seien auch nicht dahingehend auszulegen, dass die Klägerin als Urenkelin ebenfalls Anspruch auf einen darin ausgewiesenen Freibetrag habe, weil ihr Vater und ihre Großmutter als Abkömmlinge der Erblasserin zum Zeitpunkt des Erbfalls bereits verstorben waren. Urenkel fallen nicht unter § 16 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 ErbStG. Sie gehören aber gem. § 15 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG zur Steuerklasse I und unterfallen daher § 16 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG. Dies habe der Gesetzgeber auch genauso beabsichtigt, denn in der Gesetzesbegründung des Erbschaftsteuerreformgesetzes habe er ausdrücklich ausgeführt, dass zu den übrigen Personen der Steuerklasse I im Wesentlichen auch die Urenkel gehören und ihnen ein Freibetrag i. H. v. 100.000 Euro gewährt werde.