Aktuelles

6. März 2023 – Tax
Auflösung einer Rückstellung im Zusammenhang mit einem sog. Rücklagenmanagement

Das Finanzgericht Münster hat Stellung genommen zur Auflösung einer Rückstellung im Zusammenhang mit einem sog. Rücklagenmanagement, das der Vermeidung des Verlusts von Körperschaftsteuerguthaben durch den Systemwechsel vom Anrechnungs- zum Halbeinkünfteverfahren diente (Az. 13 K 1414/19).

Gemäß § 8 Abs. 1 KStG i. V. m. § 4 Abs. 1, § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG und § 249 Abs. 1 Satz 1 HGB seien Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten zu bilden. Voraussetzung für die Bildung einer Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten sei entweder das Bestehen einer dem Betrage nach ungewissen, dem Grunde nach aber bestehenden Verbindlichkeit oder die hinreichende Wahrscheinlichkeit des künftigen Entstehens einer – ggf. zugleich auch ihrer Höhe nach noch ungewissen – Verbindlichkeit. Diese Voraussetzungen seien im Einzelfall auf der Grundlage objektiver, am Bilanzstichtag vorliegender Tatsachen aus der Sicht eines sorgfältigen und gewissenhaften Kaufmanns zu beurteilen; dieser müsse ernsthaft mit seiner Inanspruchnahme rechnen.

Zum Bilanzstichtag war es im Streitfall ausgeschlossen, dass künftig eine Verbindlichkeit der Klägerin gegenüber der B. KG entstehen könnte. Demgegenüber bestand an den vorausgehenden Bilanzstichtagen die Wahrscheinlichkeit einer solchen Verbindlichkeitsentstehung, weil nicht ausgeschlossen werden konnte, dass die B. KG gegenüber der Klägerin einen Anspruch auf Schadensersatz geltend machen könnte, wenn es wegen der von der Klägerin mit dem Beklagten abgeschlossenen „tatsächlichen Verständigung“ nicht zur Anrechnung des Betrages von 931.330 Euro auf die von der B. KG geschuldeten Steuern kommen sollte. Diese zuvor bestehende Wahrscheinlichkeit war jedoch ausgeräumt. Da die B. KG den genannten Kapitalertragsteuerbetrag anrechnen konnte, kam eine Geltendmachung von Schadensersatz durch die B. KG nicht mehr in Betracht. Die Voraussetzungen für eine Rückstellung waren demnach entfallen.

Die Finanzbehörde habe hier zu Recht das zu versteuernde Einkommen um 931.330 Euro erhöht. Die Voraussetzungen für die Beibehaltung der Rückstellung in dieser Höhe seien nicht erfüllt. Es habe keine verdeckte Einlage vorgelegen. Unter einer verdeckten Einlage sei die Zuwendung eines bilanzierbaren Vermögensvorteils aus gesellschaftsrechtlichen Gründen ohne Entgelt in Gestalt von Gesellschaftsrechten zu verstehen. Das Erbringen von Einlagen vollziehe sich im Vermögensbereich des Empfängers entweder durch Vermehrung der Aktiva oder durch Verminderung der Passiva. Ob und inwieweit eine derartige Zuwendung im Gesellschaftsverhältnis wurzle bzw. durch dieses veranlasst sei, sei aufgrund eines Fremdvergleichs zu beurteilen. Eine Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis liege vor, wenn und soweit ein Nichtgesellschafter bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Kaufmanns der Gesellschaft den Vermögensvorteil nicht eingeräumt hätte.