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4. Januar 2023 – Tax
Wohnungsüberlassung bei Trennung der Eheleute – Trennungsunterhalt durch Naturalleistungen

Bei der unentgeltlichen Nutzungsüberlassung einer Wohnung an den geschiedenen oder dauerhaft getrennt lebenden Ehegatten handelt es sich nach einem Urteil des Bundesfinanzhofs um Naturalunterhalt, der in Höhe der ortsüblichen Miete als Sonderausgaben nach § 10 Abs. 1a Nr. 1 EStG berücksichtigt werden kann (Az. X R 33/20).

Der Kläger war im Streitjahr 2015 noch mit seiner Ehefrau verheiratet, sie lebten aber dauernd getrennt. Die Ehefrau und die beiden gemeinsamen Kinder bewohnten weiterhin bis zum Jahresende die bisherige Familienwohnung, die den Eheleuten hälftig gehörte. Aufgrund einer Trennungs- und Scheidungsfolgenvereinbarung der Eheleute aus 2015 berücksichtigte das Finanzamt beim Kläger für 2015 dessen Unterhaltsleistungen an die Ehefrau (Geld- und Sachleistungen) als Sonderausgaben. Der Einkommensteuerbescheid wurde ebenso bestandskräftig wie ein nachfolgender Änderungsbescheid. Im Juli 2018 beantragte der Kläger die Änderung der Einkommensteuerfestsetzung unter Abzug höherer Unterhaltsleistungen. Für die Überlassung der (hälftigen) Wohnung sei nicht der in der Trennungsvereinbarung festgelegte Betrag (monatlich 400 Euro), sondern der tatsächliche Mietwert (rund 818 Euro) anzusetzen. Dem Antrag beigefügt war eine familiengerichtliche Vereinbarung der Eheleute, in der der Kläger dem Realsplitting zugestimmt hatte. Das Finanzamt und ihm folgend das Finanzgericht Niedersachsen lehnten den Antrag mit der Begründung ab, die Eheleute hätten in der Trennungsvereinbarung eine mietsvertragsähnliche Regelung über die Nutzungsüberlassung für 400 Euro monatlich getroffen. Dieser Betrag sei auch steuerrechtlich maßgeblich.

Der Bundesfinanzhof widersprach dem Finanzgericht und hob die Entscheidung auf. Die Nutzungsüberlassung des Miteigentumsanteils des Klägers an die Ehefrau beruhe nicht auf einer mietvertragsähnlichen Vereinbarung, sondern auf einer unentgeltlichen Naturalunterhaltsleistung, die mit dem üblichen Mittelpreis des Verbrauchsorts anzusetzen sei.