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16. November 2022 – Legal
Fehlende Wohnungsbesichtigung – Keine Täuschung über Mietmängel

Wenn ein Mietinteressent vor Abschluss des Mietvertrags die Wohnung nicht besichtigt, steht ihm im Nachhinein kein Recht auf Anfechtung oder Mietminderung wegen verschwiegener Mängel zu. Es fehlt an einer Täuschung seitens des Vermieters. Zudem kann dem Mieter grob fahrlässige Unkenntnis im Sinne von § 536b BGB vorgeworfen werden. So entschied das Landgericht Lübeck (Az. 14 S 23/21).

Eine Frau schloss im September 2019 einen Mietvertrag über eine Wohnung ab, ohne die Wohnung vorher besichtigt zu haben. Nach ihrem Einzug machte sie Mietmängel geltend. Die Mängelanzeige bezog sich auf den Zustand der Wohnung und des Mobiliars. Die Mieterin erklärte u. a. die Anfechtung des Mietvertrags wegen arglistiger Täuschung und beanspruchte die Rückzahlung der Miete für September 2019 und der Kaution. Die Vermieterin wiederum klagte auf Zahlung der ausstehenden Mieten seit September 2019.

Das Landgericht gab der Vermieterin Recht. Ihr stehe ein Anspruch auf Zahlung der ausstehenden Miete seit September 2019 zu. Die Mieterin habe den Mietvertrag nicht wegen arglistiger Täuschung anfechten dürfen, da es an einer Täuschungshandlung der Vermieterin fehle. Durch die unterlassene Wohnungsbesichtigung vor der Anmietung habe die Mieterin gezeigt, dass sie dem konkreten Zustand der Wohnung jedenfalls in diesem Zeitpunkt keine besondere Bedeutung beimaß. Derjenige, dem etwas egal sei, könne hierüber nicht getäuscht werden. Unterlasse ein Mieter vor Anmietung einer Wohnung deren Besichtigung, obwohl hierzu Gelegenheit bestanden habe, so falle dies grundsätzlich in den Risikoreich des Mieters. Es habe auch kein Recht zur Mietminderung bestanden, denn aufgrund der unterlassenen Besichtigung sei der Mieterin im Hinblick auf die geltend gemachten Mängel grob fahrlässige Unkenntnis im Sinne von § 536b BGB vorzuwerfen.