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15. November 2022 – Tax
Abfärbung von Verlusten aus gewerblicher Tätigkeit

Der Bundesfinanzhof entschied, dass Verluste aus einer gewerblichen Tätigkeit – im Streitfall solche aus dem Betrieb einer Photovoltaikanlage – bei Überschreiten der sog. Bagatellgrenze einer Umqualifizierung der im Übrigen vermögensverwaltenden Tätigkeit einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) nicht entgegenstehen (Az. IV R 42/19).

Im Streitfall war die Klägerin eine vermögensverwaltende GbR. Auf einem von ihr vermieteten Grundstück ließ sie eine Photovoltaikanlage errichten, aus deren Betrieb sie zunächst Verluste erwirtschaftete. Dem Finanzamt gegenüber erklärte sie Einkünfte aus der Vermietung von Grundstücken sowie gewerbliche Verluste im Zusammenhang mit der Photovoltaikanlage. Das beklagte Finanzamt ging demgegenüber davon aus, dass die Klägerin ausschließlich gewerbliche Einkünfte erzielt habe. Sie habe mit dem Betrieb der Photovoltaikanlage eine gewerbliche Tätigkeit ausgeübt, die auf die im Übrigen vermögensverwaltende Tätigkeit „abgefärbt“ habe. Das Finanzgericht München (Vorinstanz) wies die dagegen gerichtete Klage ab.

Der Bundesfinanzhof bestätigte das Urteil der Vorinstanz unter Aufgabe seiner früheren Rechtsprechung. Er hatte in einem älteren Urteil zunächst die Rechtsauffassung vertreten, dass Verluste aus einer gewerblichen Tätigkeit nicht zur Umqualifizierung der vermögensverwaltenden Tätigkeit einer GbR führen. Der Gesetzgeber hat diese Rechtsprechung mit dem rückwirkend auch für frühere Veranlagungszeiträume anwendbaren § 15 Abs. 3 Nr. 1 Satz 2 Alternative 1 des Einkommensteuergesetzes i. d. F. des Gesetzes zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften vom 12.12.2019 (WElektroMobFördG) außer Kraft gesetzt. Nach dieser Neuregelung tritt die umqualifizierende („abfärbende“) Wirkung einer originär gewerblichen Tätigkeit (im Streitfall: aus dem Betrieb der PV-Anlage) einer Personengesellschaft unabhängig davon ein, ob aus dieser Tätigkeit ein Gewinn oder Verlust erzielt wird. Die Richter des Bundesfinanzhofs erachten diese Neuregelung und deren rückwirkende Geltung als verfassungsgemäß. Zudem hat das Gericht entschieden, dass die von der Rechtsprechung geschaffene und von der Finanzverwaltung akzeptierte sog. Bagatellgrenze auch bei Anwendung der Neuregelung zu beachten ist. Danach führt eine originär gewerbliche Tätigkeit einer Personengesellschaft nicht zur Umqualifizierung ihrer im Übrigen freiberuflichen Tätigkeit, wenn die originär gewerblichen Nettoumsatzerlöse 3 % der Gesamtnettoumsätze der Personengesellschaft (relative Grenze) und zugleich den Höchstbetrag von 24.500 Euro im Veranlagungszeitraum (absolute Grenze) nicht übersteigen. Dies gelte auch dann, wenn die Personengesellschaft (wie im Streitfall) neben ihrer originär gewerblichen eine vermögensverwaltende Tätigkeit ausübt. Im Streitfall sei diese Bagatellgrenze überschritten.