Der für die Privatnutzung eines betrieblichen Pkw sprechende Anscheinsbeweis kann auch auf andere Weise als durch das Vorhandensein eines in Status und Gebrauchswert vergleichbaren Pkw im Privatvermögen erschüttert werden, so entschied das Finanzgericht Münster (Az. 6 K 2688/19 E). Streitig zwischen den Beteiligten war, ob der im Betriebsvermögen bilanzierte Pkw Ford Ranger in den Jahren 2015 und 2016 auch privat genutzt wurde und dementsprechend ein privater Nutzungsanteil im Rahmen der Gewinnermittlung zu berücksichtigen war.
Im Streitfall hielten die Kläger im Privatvermögen insgesamt drei Kleinwagen, die in erster Linie von den volljährigen Kindern genutzt wurden. Der Kläger unterhielt auf dem Grundstück, auf dem sich das Wohnhaus der Familie befand, einen Gartenbaubetrieb, war aber hauptberuflich anderweitig als Arbeitnehmer beschäftigt. Die Klägerin arbeitete neben 20 weiteren Arbeitnehmern bzw. Aushilfen im Betrieb des Klägers. Im Betriebsvermögen hielt der Kläger neben einem dem Vorarbeiter zugeordneten Dienstwagen einen BMW X3 und einen Ford Ranger, für die keine Fahrtenbücher geführt wurden. Für den BMW versteuerte er die Privatnutzung nach der 1 %-Regelung, während er für den Ford Ranger keinen Privatnutzungsanteil ansetzte. Das beklagte Finanzamt wandte demgegenüber auch für den Ford Ranger die 1 %-Regelung an, da die privaten Fahrzeuge in Status und Gebrauchswert nicht mit diesem Pkw vergleichbar seien. Außerdem habe nicht allen Familienmitgliedern jederzeit ein Fahrzeug zur privaten Nutzung zur Verfügung gestanden. Der Kläger machte mit seiner Klage geltend, dass der Ford Ranger den Mitarbeitern des Betriebs arbeitstäglich permanent als Zugmaschine zur Verfügung stehen müsse. Aufgrund des Verschmutzungszustands sei es lebensfremd, dieses Fahrzeug privat zu nutzen. Wegen der geringen jährlichen Fahrleistung von durchschnittlich 8.900 km bleibe hierfür auch kein Raum.
Das Finanzgericht Münster ist nicht zu der Überzeugung gelangt, dass der Ford Ranger in den Streitjahren tatsächlich privat genutzt wurde. Nach dem Beweis des ersten Anscheins spreche die allgemeine Lebenserfahrung zwar dafür, dass betriebliche Fahrzeuge, die zu privaten Zwecken zur Verfügung stehen, auch tatsächlich privat genutzt werden. Dieser Anscheinsbeweis sei vorliegend allerdings erschüttert. Zwar handele es sich bei dem Ford Ranger um ein Fahrzeug, das sich typischerweise auch für eine Privatnutzung eignet. Das Gericht hat aber aufgrund des dargelegten Sachverhalts die ernsthafte Möglichkeit eines anderen als des der allgemeinen Erfahrung entsprechenden Geschehens angenommen. Zunächst sei nachvollziehbar, dass der Ford Ranger permanent aufgrund seiner Zugkraft im Betrieb eingesetzt worden sei. Darüber hinaus sei zu berücksichtigen, dass der Kläger seinen Gartenbaubetrieb nur als Nebentätigkeit ausgeübt hat und den Ford Ranger damit nicht arbeitstäglich selbst genutzt haben konnte. Hierdurch sei die Möglichkeit einer Privatnutzung erheblich eingeschränkt gewesen.