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21. September 2022 – Tax
Zur Haftung für die „Künstlerabzugsteuer“

§ 50a Abs. 4 Satz 1 EStG in der im Streitjahr 1994 geltenden Fassung ist europarechtskonform. Voraussetzung für den Steuerabzug ist, dass der Vergütungsgläubiger (hier: Künstlerensembles) mit Gewinnerzielungsabsicht tätig geworden ist. Eine Schätzung von Aufwendungen des Vergütungsgläubigers im Haftungsbescheid gemäß § 73g EStDV kommt nicht in Betracht. So entschied das Niedersächsische Finanzgericht (Az. 14 K 5/17).

Der Vergütungsschuldner (hier: die Klägerin) war zur Vermeidung eines eigenen gem. § 50a Abs. 5 Satz 5 EStG 1994 bestehenden Haftungsrisikos zur Vornahme der Steueranmeldung sowie zum Einbehalt und zur Abführung der Steuerabzugsbeträge nicht nur bereits dann berechtigt, wenn die sachliche Steuerpflicht der Vergütungen jedenfalls in Betracht kam, wenn also aus der insoweit maßgeblichen Sicht des Vergütungsschuldners von der ernstlichen Möglichkeit einer beschränkten Steuerpflicht des Vergütungsgläubigers (hier: Künstlerensembles) ausgegangen werden konnte. Der Vergütungsschuldner sei hierzu vielmehr auch verpflichtet. Wenn die beschränkte Steuerpflicht zweifelhaft sei, sei der Vergütungsgläubiger gehalten, seine Einwendungen gegen ihr Vorliegen und gegen die Höhe der Steuer im Rahmen eines eigenständigen Freistellungs- oder Erstattungsverfahrens geltend zu machen.

Damit bestand grundsätzlich neben einer Berechtigung die Verpflichtung der Klägerin als Vergütungsschuldnerin zur Vornahme der Steueranmeldung und zum Einbehalt und zur Abführung der Steuerabzugsbeträge auf die an die Künstlerensembles als Vergütungsgläubiger gezahlten Vergütungen für die von der Finanzbehörde aufgeführten Veranstaltungen. Denn aus ihrer Sicht war von einer beschränkten Steuerpflicht auszugehen. Voraussetzung für den Steuerabzug sei das Vorliegen von Einkünften. Das bedeute, dass die vom Vergütungsschuldner an die beschränkt steuerpflichtigen Körperschaften geleisteten Zahlungen dem dort angeführten Einkünftekatalog unterfallen müssen. Der Tatbestand des § 50a Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG 1994 erfasse Einkünfte, die durch im Inland ausgeübte oder verwertete künstlerische, sportliche, artistische oder ähnliche Darbietungen erzielt werden, einschließlich der Einkünfte aus anderen mit diesen Leistungen zusammenhängenden Leistungen und unabhängig davon, wem die Einnahmen zufließen. Dass die Künstler mit den in der Einspruchsentscheidung aufgeführten Veranstaltungen künstlerische Darbietungen im Inland erbrachten, sei unstreitig. Die Steuerpflicht der ausländischen Künstler ergebe sich aus § 49 Abs. 1 Nr. 2 bzw. 3 EStG 1994. Haftender sei der Schuldner der Vergütungen.