Aktuelles

6. September 2022 – Tax
Auch nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens darf das Finanzamt noch „Erstattungsbescheide“ erlassen

Steuerbescheide, mit denen eine positive Steuer festgesetzt wird, können ausnahmsweise auch nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens wirksam ergehen, wenn sich unter Berücksichtigung von Anrechnungsbeträgen insgesamt ein Erstattungsbetrag ergibt. So entschied der Bundesfinanzhof (Az. IX R 27/18).

Der Kläger reichte als Insolvenzverwalter über das Vermögen des W eine Einkommensteuererklärung für W und dessen Ehefrau beim Finanzamt ein. Dieses setzte die Einkommensteuer erklärungsgemäß in Höhe von rund 29.000 Euro fest. Unter Berücksichtigung einbehaltener Lohnsteuer und Kapitalertragsteuer ergab sich ein Erstattungsbetrag in Höhe von rund 2.500 Euro. Dagegen wandte sich der Kläger mit Einspruch und Klage und machte geltend, das Finanzamt dürfe nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens keine (förmlichen) Bescheide mehr erlassen.

Der Bundesfinanzhof hielt jedoch die Handhabung der Finanzverwaltung für rechtmäßig. Zwar dürften Steuerbescheide nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht mehr ergehen, wenn darin Insolvenzforderungen festgesetzt würden. Vielmehr müsse das Finanzamt Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis zur Tabelle anmelden. Eine Ausnahme gelte für sog. Nullbescheide sowie für Umsatzsteuerbescheide, mit denen eine negative Steuer festgesetzt werde und aus denen sich keine Zahllast ergebe. Ein vergleichbarer Ausnahmefall liege auch dann vor, wenn sich – trotz positiver Steuer – unter Berücksichtigung von Anrechnungsbeträgen eine Erstattung ergebe. Einem derartigen Bescheid fehle die abstrakte Eignung, sich auf anzumeldende Steuerforderungen auszuwirken. Denn damit habe das Finanzamt keine Insolvenzforderung festgesetzt, die nur nach den Vorschriften über das Insolvenzverfahren verfolgt werden könne.