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25. August 2022 – Tax
Kein Wegfall der Erbschaftsteuerbefreiung bei krankheitsbedingtem Auszug aus Familienheim vor Ablauf von zehn Jahren

Zieht der überlebende Ehepartner aus dem geerbten Familienheim aus, weil ihm dessen weitere Nutzung aus gesundheitlichen Gründen unmöglich oder unzumutbar ist, entfällt die ihm beim Erwerb des Hauses gewährte Erbschaftsteuerbefreiung nach einem Urteil des Bundesfinanzhofes nicht rückwirkend (Az. II R 1/21). Gleiches gelte für die Steuerbefreiung gem. § 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG, die erbende Kinder begünstigt (Az. II R 18/20).

Im Streitfall hatte die Klägerin mit ihrem Ehemann ein Einfamilienhaus bewohnt und wurde nach dessen Tod aufgrund Testaments Alleineigentümerin. Nach knapp zwei Jahren zog sie in eine Eigentumswohnung und veräußerte das Einfamilienhaus. Gegenüber dem beklagten Finanzamt und dem Finanzgericht Münster berief sich die Klägerin erfolglos darauf, sie habe wegen einer depressiven Erkrankung, die sich nach dem Tod ihres Ehemannes gerade durch die Umgebung des ehemals gemeinsam bewohnten Hauses verschlechtert habe, dieses auf ärztlichen Rat verlassen. Das Finanzgericht Münster war der Auffassung, es habe keine zwingenden Gründe für den Auszug gegeben, da der Klägerin nicht die Führung eines Haushalts schlechthin unmöglich gewesen sei.

Der Bundesfinanzhof hob das erstinstanzliche Urteil auf und verwies die Sache an das Finanzgericht zurück. Die Steuerbefreiung gem. § 13 Abs. 1 Nr. 4b ErbStG setzt voraus, dass der Erbe das geerbte Familienheim für zehn Jahre selbst nutzt, es sei denn, er ist aus „zwingenden Gründen“ daran gehindert. „Zwingend“ erfasse nicht nur den Fall der Unmöglichkeit, sondern auch die Unzumutbarkeit der Selbstnutzung des Familienheims. Nach Ansicht der Richter könne diese auch gegeben sein, wenn der Erbe durch den Verbleib im Familienheim eine erhebliche Beeinträchtigung seines Gesundheitszustands zu gewärtigen habe. Daher habe das Finanzgericht Münster im zweiten Rechtsgang (ggf. mit Hilfe ärztlicher Begutachtung) die geltend gemachte Erkrankung einschließlich Schwere und Verlauf zu prüfen.