Wenn eine Besitzgesellschaft im Rahmen einer Betriebsaufspaltung ein Grundstück erwirbt und auf einem Nachbargrundstück eine Grunddienstbarkeit zugunsten des jeweiligen Eigentümers des erworbenen Grundstücks besteht, stellt die Grunddienstbarkeit notwendiges Betriebsvermögen der Besitzgesellschaft dar, ohne dass es auf die Kenntnis von deren Existenz ankommt. So entschied das Niedersächsische Finanzgericht (Az. 4 K 89/20).
Die Beteiligten streiten darüber, ob Einnahmen der Klägerin aus einem Verzicht auf ihr bei dem Erwerb zunächst nicht bekannte Grunddienstbarkeiten den gewerblichen Einkünften zuzuordnen sind und damit der Einkommensteuer unterliegen.
Wirtschaftsgüter sind notwendiges Betriebsvermögen, wenn und soweit sie unmittelbar für eigene betriebliche Zwecke genutzt werden. Sie müssen objektiv erkennbar zum unmittelbaren Einsatz im Betrieb selbst bestimmt sein. Das Wirtschaftsgut muss, wenn auch nicht unentbehrlich oder notwendig i. S. von „erforderlich”, so doch in gewisser Weise auf den Betriebsablauf bezogen und ihm zu dienen bestimmt sein. Abzustellen ist auf die tatsächliche Zweckbestimmung, also die konkrete Funktion des Wirtschaftsguts im Betrieb. Die Bestimmung erfordert eine endgültige Funktionszuweisung; dies ist auch schon die abschließende Bestimmung, dass das Wirtschaftsgut in Zukunft betrieblich genutzt wird. Die Widmung eines Wirtschaftsguts zu betrieblichen Zwecken wird in der Regel durch den Ausweis der mit diesen Wirtschaftsgütern zusammenhängenden Aufwendungen und Erträge in der Buchführung der Personengesellschaft und durch die Aktivierung dieser Wirtschaftsgüter zum Ausdruck gebracht.
Die Klägerin habe hier die Grunddienstbarkeiten objektiv erkennbar zum Einsatz in ihrem Betrieb bestimmt, indem sie den Verzicht in ihrer Buchführung erfasst habe. Erst im Anschluss an die Betriebsprüfung vertrat sie die Auffassung, es habe sich bei den Grunddienstbarkeiten um Privatvermögen gehandelt, zumal ihre Existenz bei dem Erwerb der Grundstücke gar nicht bekannt gewesen sei. Letztlich komme es nicht darauf an, dass die Klägerin (bzw. ihre Gesellschafter) bei dem Erwerb des Grundstücks keine Kenntnis von den an diesem „hängenden” Grunddienstbarkeiten hatten und es somit jedenfalls bis zu der Erfassung des nach ihrem Bekanntwerden erfolgten Verzichts in der Buchführung an deren eindeutig erkennbarer Widmung zum Betriebsvermögen mangelte. Denn nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG gelte die Tätigkeit der Klägerin, die als Personengesellschaft (auch) gewerblich tätig sei, in vollem Umfang als Gewerbebetrieb. Diese Einstufung der Tätigkeit als Gewerbebetrieb habe zur Folge, dass sämtliche Wirtschaftsgüter der Personengesellschaft zu gewerblichem Betriebsvermögen werden, und zwar selbst einschließlich derjenigen Wirtschaftsgüter, die bei getrennter Betrachtung der privaten Vermögenssphäre zuzuordnen wären.