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7. Juni 2022 – Tax
Zum Ermessensverspätungszuschlag bei Einkommensteuerveranlagung mit Guthaben

Wenn die Einkommensteuerveranlagung eine Erstattung von Vorauszahlungen oder Steuerabzugsbeträgen ergibt, schließt dies bei verspäteter Abgabe der Steuererklärung nur einen Verspätungszuschlag nach § 152 Abs. 2 AO aus. Ein im Ermessen des Finanzamts stehender Verspätungszuschlag von 25 Euro je angefangenem Monat nach § 152 Abs. 1, Abs. 5 Satz 2 AO bleibt am Ende möglich. Dieser Verspätungszuschlag ist regelmäßig ermessensfehlerfrei, wenn er damit begründet wird, dass die Einkommensteuererklärung schon in den drei Vorjahren mehrere Monate verspätet abgegeben wurde. Erst im Klageverfahren geltend gemachte Entschuldigungsgründe sind unbeachtlich. So entschied das Hessische Finanzgericht (Az. 9 K 939/20).

Die Entscheidung der Finanzbehörde lasse im Hinblick auf die Ermessensausübung keinerlei rechtliche Fehler erkennen. Es liege auch sonst kein Ermessensfehler vor. Das Entschließungsermessen, das die Frage betrifft, ob eine Rechtsfolge überhaupt ausgelöst werden soll, wurde in rechtlich nicht zu beanstandender Weise ausgeübt.

Der Verspätungszuschlag diene dazu, den rechtzeitigen Eingang der Steuererklärungen und damit auch die rechtzeitige Festsetzung und Entrichtung der Steuer sicherzustellen. Er habe insoweit zugleich repressiven und präventiven Charakter. Der Präventivzweck des Verspätungszuschlags habe zentrale Bedeutung für die Ausübung des Entschließungsermessens. Die Vorschriften über Erklärungsfristen sollen ein ordnungsgemäßes Veranlagungsgeschäft ermöglichen. Daher könne von der Festsetzung eines Verspätungszuschlags abzusehen sein, wenn das Veranlagungsgeschäft durch den verspäteten Eingang der Steuererklärung nicht gestört werde. Da der Verspätungszuschlag aber auch präventiven Charakter habe, der Steuerpflichtige also zur künftigen fristgerechten Abgabe der Steuererklärungen angehalten werden soll, sei nicht nur auf das laufende „Veranlagungsgeschäft“ abzustellen. Ermessenswidrig könne im Hinblick auf den Präventivzweck die Festsetzung eines Verspätungszuschlags sein, wenn die Erklärung des Steuerpflichtigen erst lange Zeit nach dem Eingang bearbeitet werde. Bearbeite das Finanzamt eine verspätet abgegebene Steuererklärung nicht alsbald nach Eingang, sei die Festsetzung eines Verspätungszuschlags jedenfalls dann nicht ermessensfehlerhaft, wenn die Verspätung nicht nur geringfügig war und die Veranlagung innerhalb einer angemessenen Zeit – im entschiedenen Fall 71 Tage – nach Eingang der Erklärung abschließend gezeichnet worden ist. Gemessen hieran sei ein Ermessensfehler nicht zu erkennen.