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16. Mai 2022 – Tax
Antrag auf Steuerbefreiung eines Sanierungsertrags in Altfällen – Kein rückwirkendes Ereignis

Der Antrag auf Steuerbefreiung eines Sanierungsertrags in Altfällen (Schuldenerlass vor dem 09.02.2017) ist kein rückwirkendes Ereignis. So entschied das Finanzgericht Baden- Württemberg (Az. 8 K 1367/20).

Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Erlass eines Feststellungsbescheids und Änderung des Gewerbesteuermessbescheids zur Berücksichtigung eines Sanierungsertrags. Die allgemeine vierjährige Feststellungsfrist für die gesonderte und einheitliche Feststellung eines Sanierungsertrags für das Jahr 2009 sei im Zeitpunkt der Antragstellung am 14.11.2019 bereits abgelaufen gewesen. Ob eine Pflicht zur Erklärung eines Sanierungsertrags bestehe oder sich die Erklärungspflicht nach § 181 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 AO auch auf den Sanierungsertrag nach § 3a EStG erstrecke, könne dahinstehen. Selbst wenn eine Erklärungspflicht bestanden hätte, aber die Abgabe der allgemeinen Feststellungserklärung im Jahr 2009 nicht auch als eine (negative) Erklärung des Sanierungsertrags nach § 3a EStG gelten würde, sei die Feststellungsfrist – mangels Abgabe einer Feststellungserklärung – spätestens am 31.12.2016 abgelaufen gewesen.

Mit der Antragstellung habe auch keine neue Feststellungsfrist begonnen. Die Ausübung des Antrags stelle kein rückwirkendes Ereignis dar. Durch § 52 Abs. 4a Satz 3 EStG werde dem Steuerpflichtigen zwar das Wahlrecht eingeräumt, § 3a EStG über seinen originären zeitlichen Anwendungsbereich (Neufälle mit Schuldenerlass nach dem 08.02.2017) hinaus anzuwenden. Das Wahlrecht stelle aber nicht selbst ein Merkmal des gesetzlichen Tatbestands dar, sondern sei lediglich formelle Voraussetzung der rückwirkenden Anwendung des § 3a EStG auf den (Alt-)Fall. § 52 Abs. 4a EStG sei nicht Teil des gesetzlichen Steuertatbestands des § 3a EStG, sondern regele als Übergangsvorschrift lediglich den zeitlichen Anwendungsbereich des § 3a EStG. Die Eröffnung des Anwendungsbereichs des § 3a EStG auch für Sanierungserträge in Altfällen durch § 52 Abs. 4a Satz 3 EStG habe zu einer Gleichbehandlung mit den Neufällen, aber nicht zu einer Besserstellung der Altfälle führen sollen.

Die Klägerin und auch ihr Gesellschafter hätten zwar über mehrere Jahre sowohl im Rahmen der gesonderten und einheitlichen Gewinnfeststellung als auch auf Ebene der Einkommensteuerfestsetzung bzw. erhebung versucht, eine steuerliche Begünstigung des (vermeintlichen) Sanierungsertrags zu erreichen, und seien insoweit (auch in formaler Hinsicht) an der wohl undurchsichtigen (Verwaltungs)Rechtslage gescheitert. Die nicht eindeutige Rechtslage hätte aber auf der Verwaltungspraxis beruht, die nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs ohnehin wegen Verstoßes gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung rechtswidrig gewesen sei und daher keinen Billigkeitserlass hätte rechtfertigen können. Aus dem sog. Sanierungserlass und den vorangegangenen Billigkeitsverfahren der Klägerin und des Gesellschafters folge somit auch keine schutzwürdige verfahrensrechtliche Stellung im vorliegenden, nunmehr auf gesetzlicher Grundlage stehenden Verfahren.