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4. April 2022 – Tax
Zur Verfassungsmäßigkeit der Anwendung des Regelzinssatzes von 5,5 % bei der Bewertung eines zinslosen Darlehens

Die Rechtmäßigkeit der Bemessung des schenkungsteuerlichen Jahreswerts eines im April 2017 begebenen zinslosen Darlehens unter Anwendung des Regelzinssatzes von 5,5 % unterliegt keinen verfassungsrechtlichen Zweifeln. So entschied das Finanzgericht Düsseldorf (Az. 4 K 272/21).

Entgegen der Auffassung des Klägers sei ein niedrigerer Zinssatz als 5,5 % nicht anzuwenden. § 15 Abs. 1 BewG lasse zwar einen anderen Wertansatz zu, wenn dieser „feststeht”; dies sei hier aber nicht der Fall. Zuwendungsgegenstand sei die unentgeltliche Gewährung des Rechts, das als Darlehen überlassene Kapital zu nutzen. Daher stehe ein anderer Jahreswert des Nutzungsvorteils nicht bereits dann fest, wenn der Darlehensgeber oder der Darlehensnehmer bei einer verzinslichen Anlage des Darlehensbetrags bei einem Kreditinstitut zu marktüblichen Bedingungen lediglich eine niedrigere Rendite als 5,5 % im Jahr hätte erzielen können. Vergleichsmaßstab sei vielmehr der marktübliche Zinssatz, der bei der Gewährung oder Aufnahme eines Darlehens zu – abgesehen von der Zinslosigkeit – vergleichbaren Bedingungen zu entrichten gewesen wäre. Dass der Kläger auf dem Kapitalmarkt eine vergleichbare Finanzierung zu einem niedrigeren Zinssatz hätte erhalten können, sei nicht erkennbar.

Es bestünden hinsichtlich der Anwendung des Zinssatzes von 5,5 % auch keine verfassungsrechtlichen Zweifel, die eine Vorlage nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 des Grundgesetzes rechtfertigen würden. Das Bundesverfassungsgericht habe die Vollverzinsung i. H. v. 6 % ab dem 01.01.2014 für verfassungswidrig erklärt und den Gesetzgeber zur Neuregelung ab dem Verzinsungszeitraum 2019 aufgefordert. Ungeachtet dessen, dass der Bewertungsstichtag vorliegend vor dem 01.01.2019 liegt, lassen sich die verfassungsrechtlichen Zweifel jedenfalls auf den hier maßgeblichen Zinssatz des § 15 Abs. 1 BewG nicht übertragen. Denn anders als bei der Verzinsung nach § 233a AO sei es bei § 15 Abs. 1 BewG nicht sachgerecht, einen Vergleich zu den potenziell vom Steuerpflichtigen am Kapitalmarkt erzielten Zinsen oder zu den potenziellen Refinanzierungskosten des Steuergläubigers herzustellen. Vielmehr sei ausgehend vom Zuwendungsgegenstand zu fragen, welchen Zinssatz der Kläger für eine Darlehensaufnahme zu vergleichbaren Konditionen unter fremden Dritten hätte aufbringen müssen. Es bleibe dem Steuerpflichtigen unbenommen darzulegen, dass ein niedrigerer Zinssatz nach § 15 Abs. 1 BewG anzusetzen sei. Unbeschadet dessen, ob angesichts der Möglichkeit, die gesetzliche Vermutung für den Zinssatz von 5,5 % zu widerlegen, eine Verfassungswidrigkeit überhaupt in Betracht komme, lasse sich jedenfalls für den hier relevanten Anwendungsbereich ein strukturell verfestigtes Niedrigzinsumfeld gerade nicht feststellen.