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7. September 2021 – Tax
Privates Veräußerungsgeschäft nach unentgeltlicher Übertragung

Hat der Steuerpflichtige die Veräußerung eines Grundstücks angebahnt, liegt ein Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten nicht vor, wenn er das Grundstück unentgeltlich auf seine Kinder überträgt und diese das Grundstück an den Erwerber veräußern. Der Veräußerungsgewinn ist dann bei den Kindern nach deren steuerlichen Verhältnissen zu erfassen. Dies entschied der Bundesfinanzhof (Az. IX R 8/20).

Die Beteiligten stritten um die Besteuerung eines Gewinns aus einem privaten Veräußerungsgeschäft nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG und um das Vorliegen eines Gestaltungsmissbrauchs nach § 42 Abs. 1 AO. Im Streitfall erwarb die Klägerin im Jahr 2011 ein Grundstück welches sie im Jahr 2012 unentgeltlich jeweils zu hälftigem Miteigentum auf ihren volljährigen Sohn und ihre volljährige Tochter übertrug. Diese verkauften das Grundstück am selben Tag mit notariell beurkundetem Vertrag. Den Kaufpreis erhielten Sohn und Tochter zur Hälfte. Die Verkaufsverhandlungen führte die Klägerin allein. Die Klägerin erklärte in ihrer Steuererklärung für das Streitjahr 2012 keinen Gewinn aus einem privaten Veräußerungsgeschäft. Das beklagte Finanzamt sah in der Schenkung an die Kinder einen Missbrauch von rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten. Der Veräußerungsgewinn von fast 100.000 Euro sei der Klägerin zuzurechnen.

Der Bundesfinanzhof ist dieser Ansicht entgegengetreten. Da die Klägerin das Grundstück nicht veräußert habe, sei ihr auch kein Veräußerungsgewinn i. S. des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG entstanden. Die unentgeltliche Übertragung des Grundstücks an einen Dritten, der das Grundstück sodann innerhalb der Spekulationsfrist veräußere, falle unter den Anwendungsbereich des § 23 Abs. 1 Satz 3 EStG und stelle daher ungeachtet der zeitlichen Nähe zwischen Übertragung und Weiterveräußerung keinen Gestaltungsmissbrauch i. S. des § 42 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 AO dar.