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8. Juni 2021 – Legal
Alte und am Wohnort verwurzelte Mieter vor der (Eigenbedarfs-)Kündigung des Mietverhältnisses stärker geschützt

Das Landgericht Berlin entschied, dass Mieter vom Vermieter unter Berufung auf ihr hohes Lebensalter und ihre langjährige und tiefe Verwurzelung am Ort der Mietsache die Fortsetzung des Mietverhältnisses verlangen können (Az. 67 S 345/18).

Die Parteien des Rechtsstreits streiten über die Räumung und Herausgabe einer von der mittlerweile 89-jährigen Beklagten im Jahre 1997 von den Rechtsvorgängern der Klägerin angemieteten Wohnung. Die Klägerin erklärte erstmals im Jahre 2015 und in der Folge wiederholt die Kündigung des Mietverhältnisses wegen Eigenbedarfs. Die Beklagte und ihr mittlerweile verstorbener Ehemann widersprachen den Kündigungen unter Verweis auf ihr hohes Alter, ihren beeinträchtigten Gesundheitszustand, ihre langjährige Verwurzelung am Ort der Mietsache und ihre für die Beschaffung von Ersatzwohnraum zu beschränkten finanziellen Mittel. Das Amtsgericht Mitte hatte die von der Klägerin erhobene Räumungsklage abgewiesen. Die dagegen erhobene Berufung der Klägerin hatte zunächst keinen Erfolg, da das Landgericht Berlin die Berufung mit der Begründung zurückgewiesen hatte, der Beklagten stehe allein aufgrund ihres hohen Lebensalters ein Anspruch auf eine zeitlich unbestimmte Fortsetzung des Mietverhältnisses zu.

Dieses Urteil des Landgerichts Berlin hatte der Bundesgerichtshof auf eine Revision der Klägerin teilweise aufgehoben und den Rechtsstreit an das Landgericht zurückverwiesen. Mit Urteil vom 25. Mai 2021 hat das Landgericht Berlin die Berufung der Klägerin nunmehr erneut zurückgewiesen. Sie hat es dabei dahinstehen lassen, ob die von der Beklagten behaupteten gesundheitlichen Beeinträchtigungen tatsächlich derartig erheblich seien, wie vom Amtsgericht angenommen. Mieter könnten sich im Einzelfall auch ohne gesundheitliche Beeinträchtigungen berechtigt auf eine Fortsetzung des Mietverhältnisses berufen. Dies gelte jedenfalls dann, wenn sich die Mieter zum Zeitpunkt des Wohnungsverlustes bereits in einem hohen Lebensalter befänden und zudem aufgrund eines langjährigen Mietverhältnisses tief am Ort der Mietsache verwurzelt seien. Diese Voraussetzungen hat das Gericht nach erneuter Tatsachenfeststellung in dem zugrundeliegenden Fall für gegeben erachtet. Die Folgen des Wohnungsverlustes seien für die Beklagte so schwerwiegend, dass sie auf eine Verletzung ihrer durch Art. 1 Abs. 1 GG garantierten Menschenwürde hinausliefen. Die Interessen der klagenden Vermieterin hätten dahinter zurückzustehen.