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2. März 2021 – Legal
Einwerfen eines Autoschlüssels in den Briefkasten eines Autohauses bei anschließendem Diebstahl – Keine grobe Fahrlässigkeit

Das Landgericht Oldenburg entschied, dass eine Kaskoversicherung verpflichtet ist, dem Kläger seinen Schaden zu ersetzen, der ihm aufgrund des Diebstahls seines Fahrzeuges nach Einwerfen des Fahrzeugschlüssels am Sonntag in den Briefkasten einer Werkstatt entstanden ist (Az. 13 O 688/20).

Nach dem Versicherungsvertragsgesetz sei der Versicherer zwar auch bei einem Diebstahl im Fall einer grob fahrlässigen Verletzung einer Obliegenheit berechtigt, seine Leistung in einem der Schwere des Verschuldens entsprechenden Verhältnis zu kürzen. Eine grobe Fahrlässigkeit des Klägers könne jedoch nicht festgestellt werden. Das Einwerfen eines Schlüssels in den Briefkasten eines Autohauses könne im Grunde den Tatbestand der groben Fahrlässigkeit erfüllen. Dieser Grundsatz gelte aber nicht ohne Weiteres. Entscheidend seien vielmehr die Umstände des Einzelfalles, sodass es darauf ankomme, ob es für jeden einleuchtend und ersichtlich sei, dass ein in den Briefkasten eingeworfener Schlüssel im konkreten Einzelfall leicht wieder herausgezogen werden könne, und ob sonstige äußere Umstände den Verdacht aufkommen lassen müssen, der Schlüssel sei dort nicht sicher und dem Zugriff Dritter leicht ausgesetzt.

Solche Umstände hätten hier nicht vorgelegen. Der Briefkasten habe sich im direkten Eingangsbereich des Autohauses befunden. Dieser lag zurückgesetzt hinter den Schaufenstern der Ausstellung und war somit in das Gebäude hineingezogen. Die rings um das Haus laufende Überdachung ragte weit nach vorn hinaus und hatte über dem Eingangsbereich etwa die doppelte Tiefe. Seitlich in diesem Eingangsbereich befand sich der Briefkasten. Es erweckte aufgrund dieser beschriebenen Örtlichkeiten den Eindruck, als befinde sich der Briefkasten in einem geschützten Bereich. Der Briefkasten selbst sah von außen aus, als sei er tief, sodass die oben in den Schlitz eingeworfenen Teile weit nach unten fielen und dass man diese von außen nicht erreichen und herausholen könne. Der Briefkasten sah zudem stabil aus, als sei er nicht leicht aufzubrechen. Das Gericht kam zu dem Schluss, dass dem Kläger bei diesem äußeren Bild keine Bedenken kommen mussten, dass der Schlüssel von Unbefugten aus dem Briefkasten herausgenommen werden würde.