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17. Oktober 2018 – Tax
Ernstliche verfassungsrechtliche Zweifel an der Zinshöhe bereits ab 2014

Das Finanzgericht Münster hat ernstliche Zweifel an der Höhe des Zinssatzes für Aussetzungszinsen von jährlich 6 % für Zeiträume bereits ab dem Jahr 2014 geäußert (Az. 9 V 2360/18).

Im vorliegenden Fall hatte das Finanzamt die Vollziehung von Einkommensteuernachforderungen gegenüber den Antragstellern ausgesetzt. Die Aussetzung lief aufgrund eines Klageverfahrens, das sich nach Zurückverweisung durch den Bundesfinanzhof über zwei Rechtsgänge erstreckte, über mehrere Jahre und führte zur Festsetzung von Aussetzungszinsen in Höhe von mehr als 60.000 Euro. Hiergegen legten die Antragsteller Einspruch ein und beantragten die Aussetzung der Vollziehung. Das Finanzamt entsprach dem Antrag nur für Zeiträume des Zinslaufs ab dem 1. April 2015 und lehnte ihn im Übrigen ab. Mit ihrem gerichtlichen Aussetzungsantrag machten die Antragsteller geltend, dass die Zinshöhe von 6 % pro Jahr auch für frühere Zeiträume realitätsfern bemessen sei.

Diesem Antrag gab das Gericht teilweise statt. Auch für den Zeitraum vom 1. Januar 2014 bis zum 31. März 2015 sei ernstlich zweifelhaft, ob die Zinshöhe von 0,5 % pro Monat dem allgemeinen Gleichheitssatz und dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entspricht, denn bereits im Jahr 2014 habe sich die lang andauernde Niedrigzinsphase ernstlich verfestigt. Das Gericht setzte jedoch für diesen Zeitraum die Vollziehung des Zinsbescheids nicht vollständig aus, sondern nur, soweit der Zinssatz die Schwelle von jährlich 3 % (gleich 0,25 % pro Monat) überstieg. Auch in einer Niedrigzinsphase sei ein vollständiger Verzicht auf die Erhebung von Aussetzungszinsen nicht geboten. Für Zeiträume bis einschließlich 2013 bestünden dagegen keine hinreichend gewichtigen verfassungsrechtlichen Bedenken. Zwar dürfte der Zinssatz jedenfalls für 2013 oberhalb der Bandbreite eines realitätsgerechten Spektrums liegen, dem Gesetzgeber sei aber ein gewisser Beobachtungszeitraum zuzubilligen.

Gegen die Entscheidung wurde Beschwerde beim Bundesfinanzhof eingelegt (Az. VIII B 128/18).