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6. September 2018 – Legal
Mündliche Aufhebung eines Geschäftsführeranstellungsvertrags zwischen Gesellschaft und Geschäftsführer? – Vielzahl von Indizien entscheidend

Ein Geschäftsführeranstellungsvertrag kann, wenn im Vertrag selbst keine abweichende Regelung getroffen wurde, auch durch mündliche Vereinbarung beendet werden. Ob zwischen der Gesellschaft und dem Geschäftsführer eine solche Vereinbarung zustande gekommen ist, kann sich aus einer Vielzahl von Indizien zur Überzeugung des Gerichts ergeben. Behaupte eine Partei eine solche Vereinbarung und den Wechsel des Geschäftsführers in eine andere Gesellschaft, könne man aus dem Umstand, dass sich beide Parteien über Monate entsprechend dieser Behauptung tatsächlich verhalten haben, schließen, dass die Vereinbarung tatsächlich zustande gekommen sei. So entschied das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein und hat daher eine Klage auf Zahlung von (Annahmeverzugs-)Vergütung in Höhe von 187.500 Euro für Januar 2012 bis März 2017 abgewiesen (Az. 1 Sa 367/17).

Im vorliegenden Fall war der Kläger Geschäftsführer bei der Beklagten. Der jetzige Geschäftsführer und Alleingesellschafter der Beklagten betrieb mit dem Kläger noch eine andere Gesellschaft. Beide waren dort Gesellschafter-Geschäftsführer. Die Beklagte meldete den Kläger im April 2011 mit Wirkung Ende Februar 2011 gegenüber den zuständigen Sozialversicherungsträgern ab. Der Kläger erhielt von der anderen Gesellschaft ab April 2011 bis 2012 Lohnabrechnungen. Mit Beschluss der Gesellschafterversammlung der Beklagten wurde der Kläger am 01.12.2011 als Geschäftsführer abberufen. Der Kläger war mit dem Patenkind des jetzigen Geschäftsführers verheiratet. Ende 2011 trennten sich jedoch die Eheleute. Im Rahmen der daraus resultierenden familienrechtlichen Auseinandersetzung gab der Kläger an, bis zum 28.02.2011 bei der Beklagten und ab Februar 2011 bei der anderen Gesellschaft beschäftigt gewesen zu sein. Am 20.03.2012 trafen die Parteien unter Einschluss der anderen Gesellschaft eine schriftliche Vereinbarung, aus der u. a. die Beendigung des Vertragsverhältnisses der Parteien zum 28.02. oder 31.03.2011 hervorging. Der sich wegen behaupteter Drohungen seitens des jetzigen Geschäftsführers in einem Zeugenschutzprogramm befindliche Kläger trug vor, dass er unter Androhung von Gewalt zur Unterschrift gezwungen worden sei und hatte seine Zustimmung angefochten. Die Beklagte behauptete, dass die Parteien bereits im Januar 2011 vereinbart hätten, dass der Kläger nach Februar 2011 als Geschäftsführer von der Beklagten zur anderen Gesellschaft wechseln und dort seine Tätigkeit entfalten werde. Dort sei auch das operative Geschäft angesiedelt gewesen. Die Echtheit einer nur noch als Kopie vorliegenden schriftlichen Arbeitsanweisung seitens der Beklagten an den Kläger vom 12.01.2012 war zwischen den Parteien strittig.

Das Landesarbeitsgericht war überzeugt, dass der Geschäftsführeranstellungsvertrag entgegen der Behauptung des Klägers mit Wirkung 28.02.2011 einvernehmlich aufgehoben wurde. Indizien dafür seien die vom Kläger ohne Weiteres hingenommene Sozialversicherungsabmeldung, die dem Kläger erteilten und von ihm vor dem Familiengericht selbst eingereichten Abrechnungen der anderen Gesellschaft sowie dessen Angaben im Formular zur Bestimmung des Versorgungsausgleichs und im Verfahren auf Kindesunterhalt. Das Gericht hatte hingegen Zweifel an der Echtheit der schriftlichen Anweisung vom 12.01.2012. Etwaige für die Beklagte vom Kläger noch erbrachte Arbeitsleistungen hätten auch auf gesellschaftsrechtlicher Grundlage erfolgt sein können. Da kein Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien bestand, bedurfte die einvernehmliche Beendigung des Geschäftsführeranstellungsvertrags keiner Schriftform. Der Anstellungsvertrag sah die Schriftform nur für – einseitige – Kündigungen vor.