Der Bundesfinanzhof entschied in einem Grundsatzurteil, dass Steuerpflichtige sog. außergewöhnliche Belastungen (z. B. Krankheitskosten) weitergehend als bisher steuerlich geltend machen können (Az. VI R 75/14). Sie können nunmehr in der Regel früher und in größerem Umfang steuerlich entlastet werden.
Im vorliegenden Fall hatte der Kläger zusammen mit seiner Ehefrau in der gemeinsamen Einkommensteuererklärung Krankheitskosten von 4.148 Euro als außergewöhnliche Belastungen erklärt. Da der Gesamtbetrag der Einkünfte der Eheleute über 51.130 Euro lag, berechnete das Finanzamt die zumutbare Belastung unter Anwendung des in der Situation des Klägers höchstmöglichen Prozentsatzes von 4 %. Die Krankheitskosten der Eheleute wirkten sich nach dem Abzug der zumutbaren Belastung nur noch mit 2.069 Euro steuermindernd aus.
Der BFH hat dem Kläger insoweit Recht gegeben, als er die zumutbare Belastung neu ermittelt hat: Bei der nun gestuften Ermittlung (im Streitfall 2 % bis 15.340 Euro, 3 % bis 51.130 Euro und 4 % erst in Bezug auf den die Grenze von 51.130 Euro übersteigenden Teil der Einkünfte) erhöhen sich die zu berücksichtigenden Krankheitskosten um 664 Euro. Es werde jetzt nur noch der Teil des Gesamtbetrages der Einkünfte, der den im Gesetz genannten Stufengrenzbetrag übersteigt, mit dem jeweils höheren Prozentsatz belastet. Danach erfasse beispielsweise der Prozentsatz für Stufe 3 nur den 51.130 Euro übersteigenden Teilbetrag der Einkünfte. Finanzverwaltung und Rechtsprechung gingen bislang davon aus, dass sich die Höhe der zumutbaren Belastung einheitlich nach dem höheren Prozentsatz richte, sobald der Gesamtbetrag der Einkünfte eine der in § 33 Abs. 3 Satz 1 EStG genannten Grenzen überschreite. Danach sei der höhere Prozentsatz auf den Gesamtbetrag aller Einkünfte anzuwenden.
Zwar betreffe das Urteil nur den Abzug außergewöhnlicher Belastungen nach § 33 EStG, sei aber im Anwendungsbereich dieser Vorschrift nicht auf die Geltendmachung von Krankheitskosten beschränkt.
Hinweis:
Außergewöhnliche Belastungen können gem. § 33 Abs. 1 und 3 EStG geltend gemacht werden, wenn der Steuerpflichtige mit überdurchschnittlich hohen Aufwendungen belastet ist. Die “zumutbare Belastung” wird in drei Stufen (Stufe 1 bis 15.340 Euro, Stufe 2 bis 51.130 Euro, Stufe 3 über 51.130 Euro) nach einem bestimmten Prozentsatz des Gesamtbetrags der Einkünfte (abhängig von Familienstand und Kinderzahl) bemessen (1 % bis 7 %).