Es ist nicht rechtmäßig, dass das Finanzamt bei einem Leiharbeitnehmer in der Einkommensteuererklärung für 2014 für die Fahrten von der Wohnung zur betrieblichen Einrichtung des Entleihers nur die Entfernungspauschale anerkannte, denn der Kläger musste weder nach den arbeitsrechtlichen Festlegungen noch den diese ausfüllenden Weisungen und Absprachen zur Aufnahme seiner beruflichen Tätigkeit dauerhaft denselben Ort (betriebliche Einrichtung des Entleihers) typischerweise arbeitstäglich aufsuchen und hatte daher keine erste Tätigkeitsstätte. So entschied das Finanzgericht Niedersachsen (Az. 9 K 130/16).
Bis 2013 galt nach höchstrichterlicher Rechtsprechung, dass Leiharbeitnehmer typischerweise nicht über eine regelmäßige Arbeitsstätte verfügen und daher die Fahrtkosten zum Entleihbetrieb nach Dienstreisekostengrundsätzen (0,30 Euro pro gefahrenem Kilometer) berechnen konnten. Fraglich war, ob dies auch noch nach dem neuen Reisekostenrecht ab 2014 gilt. Danach sind Fahrtkosten zwischen dem Wohnort und der “ersten Tätigkeitsstätte” (neuer gesetzlicher Begriff) auf die sog. Entfernungspauschale (0,30 Euro pro Entfernungskilometer) begrenzt.
Im Streitfall war der Kläger seit Mai 2012 bei einer Leiharbeitsfirma als Helfer beschäftigt. Nach dem Arbeitsvertrag musste der Kläger mit einer jederzeitigen Umsetzung/Versetzung – bundesweit – einverstanden sein. Im Streitjahr 2014 war der Kläger ganzjährig für einen Entleihbetrieb tätig. Den mit der Einkommensteuererklärung 2014 beantragten Werbungskostenabzug von Aufwendungen für Fahrten zwischen der Wohnung und dem Entleihbetrieb (0,30 Euro pro gefahrenem Kilometer) beanstandete das Finanzamt und ließ unter Hinweis auf das neue Reisekostenrecht nur den Abzug der Entfernungspauschale zu. Das Finanzamt ging dabei von einer dauerhaften Zuordnung zum Entleihbetrieb und damit von einer ersten Tätigkeitsstätte des Leiharbeitnehmers aus.
Das Finanzgericht gab jedoch dem Kläger Recht. Die Zuweisung des Leiharbeitgebers, “bis auf Weiteres” in einer betrieblichen Einrichtung des Entleihers tätig zu sein, könne nicht als unbefristet angesehen werden. Aufgrund der gesetzlichen Beschränkung der Arbeitnehmerüberlassung sei bereits aus Rechtsgründen bei Leiharbeitsverhältnissen keine dauerhafte Zuordnung zu einem Entleihbetrieb denkbar. Nach dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz sei nur eine vorübergehende Arbeitnehmerüberlassung zulässig. Die Begrenzung des Abzugs der Fahrtkosten nach der Entfernungspauschale sei daher nicht rechtmäßig.
Gegen das Urteil wurde Revision eingelegt (BFH-Az. VI R 6/17).