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2. Januar 2017 – Tax
Keine offenbare Unrichtigkeit bei Nichtberücksichtigung einer erklärten, aber nicht elektronisch übermittelten Rente

Das Finanzamt darf eine Einkommensteuerfestsetzung nicht wegen einer offenbaren Unrichtigkeit gemäß § 129 Abgabenordnung erhöhen, wenn es bei der Bearbeitung der Erklärung lediglich elektronisch übermittelte Rentendaten berücksichtigt, aber eine erklärte weitere Rente, zu der keine elektronisch übermittelten Daten vorliegen, außer Ansatz gelassen hat. So entschied das Finanzgericht Münster (Az. 9 K 2342/15 E).

Die im öffentlichen Dienst beschäftigte Klägerin bezog im Ruhestand eine Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung und daneben – deutlich niedrigere – Zusatzleistungen aus einem Altersvorsorgevertrag. Beide Renten gab sie in der Anlage R der Einkommensteuererklärung an. Da dem Finanzamt zum Zeitpunkt der Bearbeitung der Steuererklärung lediglich elektronisch übermittelte Daten der Zusatzrente, nicht aber der gesetzlichen Rente vorlagen, erfasste es die gesetzliche Rente im ursprünglichen Einkommensteuerbescheid nicht. Nach Eintritt der Bestandskraft änderte es die Steuerfestsetzung, indem es nunmehr die Rentenbezüge der Klägerin in zutreffender Höhe ansetzte.

Auf die dagegen erhobene Klage gab das Finanzgericht der Klägerin Recht. Dem Finanzamt sei bei Erlass des ursprünglichen Einkommensteuerbescheids keine offenbare Unrichtigkeit nach § 129 AO unterlaufen. Da die Klägerin die zweite Rente angegeben habe, hätte der Sachbearbeiter auf die Vorderseite der Anlage R blättern können, auf der unter “1. Rente” die gesetzliche Rente eingetragen war. Hierauf habe er allerdings bewusst verzichtet und sich lediglich auf die elektronisch übermittelten Daten verlassen. Auch hätte sich ihm die Frage aufdrängen müssen, warum jeweils deutlich höhere Werte angegeben wurden als elektronisch übermittelt. Dies sei kein – allein berichtigungsfähiges – bloßes mechanisches Versehen.