Der Vorsteuerabzug kann nicht versagt werden, wenn der Leistungsempfänger alle Maßnahmen trifft, die vernünftigerweise von ihm verlangt werden können, um sicherzustellen, dass seine Umsätze nicht in einen Betrug einbezogen sind. Dabei sind die formellen Rechnungsanforderungen für den Vorsteuerabzug auch dann erfüllt, wenn als Anschrift des Leistenden ein Gesellschaftssitz angegeben wird, der aus allgemein zugänglichen Quellen, wie z. B. dem Handelsregister, leicht bestimmbar ist und unter der der Leistungsempfänger den leistenden Unternehmen erreichen konnte und tatsächlich erreicht hat. So entschied das Finanzgericht Baden-Württemberg (Az. 1 K 1158/14).
Die Klägerin, die S-GmbH, betreibt einen Schrotthandel. Sie kaufte von einer MJ-GmbH Schrott aufgrund von in der Branche üblichen mündlichen Verträgen, der auch bei ihr angeliefert wurde. Die MJ-GmbH bestätigte der S-GmbH, dass sie zum Vorsteuerabzug berechtigt sei, nannte Anschrift und die vom Finanzamt erteilte Steuernummer und stellte für die Lieferungen Rechnungen mit Ausweis der Umsatzsteuer aus. Später stellte sich heraus, dass die MJ-GmbH eine Scheinfirma war, die die ausgewiesene Umsatzsteuer nicht an das Finanzamt bezahlte. Die von der S-GmbH aus diesem Geschäft geltend gemachten Vorsteuern erkannte das Finanzamt nicht an.
Das Finanzgericht gab der dagegen erhobenen Klage statt. Ob die Umsatzsteuer tatsächlich an den Fiskus entrichtet wurde, sei für das Recht des Unternehmers auf Vorsteuerabzug nicht von Bedeutung. Die Klägerin habe mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns gehandelt. Das Finanzamt habe nicht das Gegenteil beweisen können.
Das Gericht ließ jedoch die Revision zum Bundesfinanzhof zu, da die Frage, wann eine Rechnung die “vollständige Anschrift” des leistenden Unternehmers angibt, noch nicht abschließend geklärt sei.