Aktuelles

7. Juli 2016 – Tax
Möglichkeit der Übertragung der § 6b-Rücklage auch vor Fertigstellung des Ersatzwirtschaftsguts

Gemäß §§ 6b, c EStG kann ein Steuerpflichtiger für stille Reserven, die bei der Veräußerung bestimmter Wirtschaftsgüter im Betriebsvermögen aufgedeckt wurden, eine Rücklage bilden und diese später auf die Anschaffung oder Herstellung eines Ersatzwirtschaftsguts – in demselben oder einem anderen Betriebsvermögen des Steuerpflichtigen – übertragen, um so die sofortige Versteuerung zu vermeiden. Das Finanzgericht Münster entschied, dass dies auch dann gilt, wenn eine solche Rücklage bereits vor der Fertigstellung des Ersatzwirtschaftsguts auf einen anderen Betrieb übertragen wird (Az. 7 K 716/13).

Die Eltern des Klägers hatten für einen Gewinn aus der Veräußerung von Grund und Boden in ihrem landwirtschaftlichen Betrieb eine Rücklage gebildet. Ende 2006 erwarb der Kläger den landwirtschaftlichen Betrieb. Seine Eltern wiesen die Rücklage daraufhin zum 31.12.2006 im Betriebsvermögen einer KG aus, deren Gesellschafter sie waren. Im Folgejahr übertrugen sie die Rücklage auf die Herstellungskosten eines im Jahr 2007 im Betriebsvermögen der KG fertiggestellten Gebäudes. Das Finanzamt hielt die Übertragung nicht für zulässig. Nach den Einkommensteuerrichtlinien solle die Übertragung einer Rücklage erst im Zeitpunkt und nur im Umfang ihres Abzugs bei Fertigstellung des Ersatzwirtschaftsguts möglich sein.

Das Gericht lehnte diese Verwaltungsauffassung ab und gab der Klage in vollem Umfang statt. Aus dem Wortlaut der gesetzlichen Regelung lasse sich keine zeitliche Einschränkung dahingehend herleiten, dass das Ersatzwirtschaftsgut vor der Übertragung der Rücklage fertiggestellt sein müsse. Eine Übertragung der Rücklage sei auch bereits zeitlich vor einem Abzug und grundsätzlich sogar unabhängig von einem Abzug von den Anschaffungs- und Herstellungskosten des Ersatzwirtschaftsguts im anderen Betrieb möglich.