Das Finanzgericht Berlin-Brandenburg hatte über den Vorsteuerabzug einer Holdinggesellschaft zu entscheiden, die selbst kein operatives Geschäft betreibt, sondern administrative Leistungen an eine Beteiligungsgesellschaft erbringt. Nach Ansicht des Finanzgerichts stand der Holdinggesellschaft im Streitfall der uneingeschränkte Vorsteuerabzug zu (FG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 10.5.2012 – 5 K 5264/09; NZB erhoben).
Hintergrund: Der Anspruch auf Vorsteuerabzug bei Holdinggesellschaften war lange umstritten. Im Ausgangspunkt ist das Halten von Beteiligungen keine wirtschaftliche Tätigkeit und unterliegt deshalb nicht der Umsatzsteuer. Folglich stellte sich die Frage, in welchem Umfang Holdinggesellschaften, die neben dem Halten von Beteiligungen auch entgeltliche Dienstleistungen erbringen, zum Vorsteuerabzug berechtigt sind. Der BFH hatte hierzu erst kürzlich Stellung genommen und entschieden, dass eine Holdinggesellschaft, die nachhaltig Leistungen gegen Entgelt erbringt, wirtschaftlich tätig ist. Verfügt die Holding über umfangreiche Beteiligungen, die sie ohne Bezug zu ihren entgeltlichen Ausgangsleistungen hält, ist sie entsprechend § 15 Abs. 4 UStG nur insoweit zum Vorsteuerabzug berechtigt, als die Eingangsleistungen ihren entgeltlichen Ausgangsleistungen wirtschaftlich zuzurechnen sind (BFH, Urteil v. 9.2.2012 – V R 40/10).
Sachverhalt: Die Klägerin ist eine Holdinggesellschaft, die sämtliche Anteile an einer GmbH hält. Das operative Geschäft betreibt die GmbH. Die Klägerin erbringt jedoch administrative Tätigkeiten für die GmbH, die der Klägerin hierfür eine monatliche Dienstleistungspauschale zahlt. Die Beteiligten gehen übereinstimmend von einer umsatzsteuerlichen Organschaft aus. Die Klägerin machte in den Streitjahren Vorsteuern aus Rechnungen über sog. Kapitalbeschaffungsleistungen geltend. Das Finanzamt versagte den Vorsteuerabzug mit der Begründung, eine unternehmerische Veranlassung sei nicht erkennbar.
Hierzu führte das Finanzgericht weiter aus: Bezieht eine Holdinggesellschaft für administrative Tätigkeiten von ihrer 100%-igen Tochter-GmbH, mit der eine umsatzsteuerliche Organschaft besteht, eine monatliche Dienstleistungspauschale, so dass sie (eigene) ausschließlich umsatzsteuerpflichtige Leistungen erbringt, ist der uneingeschränkte Vorsteuerabzug der Aufwendungen für Dienstleistungen, die der Kapitalbeschaffung dienen, nicht dadurch ausgeschlossen, dass die – gegenüber der Dienstleistungspauschale deutlich höheren – Aufwendungen nicht allein der umsatzsteuerpflichtigen Tätigkeit der Holding dienen, sondern im Besonderen der Kapitalausstattung der Tochter-Organgesellschaft und damit ggf. auch dem Bezug nicht steuerbarer Dividenden.
Anmerkung: Eine Aufteilung der Vorsteuer entsprechend § 15 Abs. 4 UStG kam nach Auffassung des Finanzgerichts im Streitfall nicht in Betracht, da es sich hier um Allgemeinkosten handelte, die mit der wirtschaftlichen Gesamttätigkeit zusammenhängen. Da die Klägerin nur steuerpflichtige und nicht auch steuerfreie Umsätze ausführte, sei der Vorsteuerabzug insgesamt zu gewähren. Die Entscheidung des BFH v. 9.2.2012 (Az. V R 40/10) lasse keine andere Beurteilung zu. Denn der diesem Urteil zugrunde liegende Sachverhalt liege insoweit anders, als dort die Holdinggesellschaft an ca. 50 Gesellschaften beteiligt war, Umsätze aber lediglich aus Beratungsleistungen für zwei dieser Gesellschaften erzielte. Deshalb sei im Streitfall – anders als dort – auch für eine Aufteilung der Gesamttätigkeit in eine nichtwirtschaftliche Haupt- und eine wirtschaftliche Nebentätigkeit kein Raum. Allein das Verhältnis der Dienstleistungsentgelte zu den deutlich höheren Aufwendungen vermag eine Aufteilung – wie auch sonst – nicht zu begründen.