In der Übertragung von Gesellschaftsanteilen kann die mittelbare Schenkung des Erlöses aus einem bereits geplanten Verkauf der Anteile liegen (BFH, Urteil v. 28.3.2012 – II R 39/10; veröffentlicht am 8.8.2012).
Hintergrund: Die Besteuerung richtet sich grds. danach, wie sich die Vermögensmehrung im Zeitpunkt der Zuwendung beim Beschenkten darstellt. Es ist jedoch nicht erforderlich, dass der Gegenstand, um den der Beschenkte bereichert wird, sich vorher in derselben Gestalt im Vermögen des Schenkers befunden hat und wesensgleich übergeht. Danach kann in der Hingabe von Vermögensgegenständen mittelbar die Schenkung eines anderen Vermögensgegenstandes gesehen werden. Dies setzt voraus, dass der Beschenkte im Verhältnis zum Schenker nicht über das ihm unmittelbar Zugewendete, sondern (erst) über das Surrogat desselben, z.B. über den Verkaufserlös, verfügen kann; denn in diesem Fall ist der Beschenkte nicht um das unmittelbar Hingegebene, sondern erst um den Verkaufserlös bereichert (BFH, Urteil v. 22.6.2010 – II R 40/08).
Sachverhalt: Der Ehemann (E) der Klägerin war mehrheitlich an einer GmbH beteiligt. E war darüber hinaus Eigentümer des Betriebsgrundstücks. Ende des Jahres 1988 kam es zu umfangreichen Verhandlungen über einen Verkauf der GmbH an eine Firma V. Im Hinblick auf die ab 1.1.1990 vorgesehene Änderung des § 34 EStG beabsichtigte E zuvor, die zwischen seinem Verpachtungsunternehmen und der GmbH bestehende Betriebsaufspaltung zu beenden. Er verkaufte deshalb im Jahre 1989 u.a. einen Geschäftsanteil an die Klägerin. 1991 verkaufte die Klägerin ihre Anteile dann an die Firma V zu einem deutlich höheren Kaufpreis. Aufgrund von Ermittlungen der Steuerfahndung setzte das Finanzamt für die Anteilsübertragung schließlich Schenkungsteuer fest. Zwischen den Beteiligten streitig war nun u.a. der Wert der erworbenen Anteile an der GmbH. Die Klägerin machte u.a. geltend, der Wert der Anteile müsse nach dem Stuttgarter Verfahren ermittelt werden.
Hierzu führte der BFH nun weiter aus: In der Hingabe von Gesellschaftsanteilen kann die mittelbare Schenkung des Erlöses aus einem späteren Weiterverkauf der Gesellschaftsanteile liegen. Dies ist dann der Fall, wenn der Erwerber der Anteile im Verhältnis zum Schenker nur über den Verkaufserlös, nicht aber über die Anteile frei verfügen durfte, sondern sich insoweit den Verfügungen des Schenkers unterzuordnen hatte. Im Streitfall war die Klägerin nicht berechtigt, über die auf sie übertragenen Anteile an der GmbH frei zu verfügen, sie etwa gegen den Willen des Schenkers langfristig zu behalten oder an einen Dritten zu verkaufen, sondern musste sich hinsichtlich der Anteile den Verfügungen des Schenkers unterordnen. Der Verkauf der Anteile diente hier (nur) der Beendigung der bestehenden Betriebsaufspaltung aus steuerlichen Gründen.
Anmerkung: Die Sache war nach Ansicht des BFH noch nicht spruchreif. Es bedarf einer erneuten Prüfung durch das Finanzgericht, inwieweit im Hinblick auf die vorliegende gemischt-freigebige mittelbare Zuwendung der Erlöse aus den Verkäufen eine zur Festsetzung von Hinterziehungszinsen berechtigende Steuerhinterziehung gegeben ist und ab welchem Zeitpunkt der Zinslauf begonnen hat. Diese Prüfung sei deshalb erforderlich, weil die Schenkungsteuer nicht bereits mit der Übertragung der Anteile entstanden ist, sondern jeweils erst in dem Zeitpunkt, zu dem die Klägerin über die ihr zugewendeten Verkaufserlöse im Verhältnis zu E frei verfügen konnte. Zur Berechnung der Schenkungsteuer sei dabei vom Verkaufserlös jeweils der Kaufpreis und die sonstigen der Klägerin entstandenen Kosten abzuziehen. Auf die zwischen den Beteiligten streitige Frage, mit welchem Wert die übertragenen Gesellschaftsanteile 1989 anzusetzen sind, kommt es danach nicht an. Der BFH wies in der o.g. Entscheidung auch darauf hin, dass bei der Festsetzung von Hinterziehungszinsen die Voraussetzungen der Steuerhinterziehung und die Höhe der hinterzogenen Steuer unabhängig von einem ergangenen Steuerbescheid zu prüfen sind.